Die Vereinten Nationen haben sich vor zehn Jahren vorgenommen, den Hunger auf der ganzen Welt bis 2030 auszurotten. In der Realität aber steigt die Zahl der hungernden Menschen, so Hilfsorganisationen.
Weltweit hungern immer mehr Menschen – zugleich werden staatliche Gelder für ihre Unterstützung drastisch gekürzt. Das ist ein Ergebnis der Jahresberichte von zwei Hilfsorganisationen. “Was auf dem Papier wie ein Sparkurs aussieht, bedeutet für Millionen Menschen Hunger, Flucht oder sogar den Tod”, erklärte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Marlehn Thieme, am Donnerstag in Berlin. Sie forderte, dass die Beseitigung des Hungers eine politische Priorität bleiben müsse.
Nach Angaben der Welthungerhilfe steigt die Zahl der Menschen, die an chronischem Hunger leiden. Weltweit seien es 733 Millionen, rund 152 Millionen mehr als im Jahr 2019. Hunger werde als Waffe eingesetzt, kritisierte Thieme. Jeder elfte Mensch hungere, weil beispielsweise Konflikte kriegerisch ausgetragen würden. Weitere Gründe seien die Klimakrise mit Dürren und Fluten sowie mangelnde staatliche Infrastrukturen.
Mit Blick auf die Situation im Gazastreifen forderte Thieme die Bundesregierung auf, stärker auf die israelische Regierung einzuwirken. Durch bilaterale Gespräche müsse erreicht werden, dass ein humanitärer Zugang in das Gebiet wieder möglich werde. Im Gazastreifen hungerten derzeit fast 500.000 Menschen. Vor allem Kranke könnten sich kaum noch ernähren. Auch Trinkwasser werde knapp.
Der Vizedirektor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen, Carl Skau, sagte zur Lage im Gazastreifen: “Zu Beginn der Totalblockade Anfang März hatten wir noch eine Menge Vorräte im Gazastreifen, und wir konnten relativ frei operieren.” Das sei inzwischen anders: “Was wir an Lebensmitteln einführen dürfen, ist minimal – ein Tropfen im Ozean”, so Skau zur “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Donnerstag).
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) forderte die Bundesregierung erneut auf, sich im Gazastreifen für eine uneingeschränkte Einhaltung des Völkerrechts durch alle Konfliktparteien und die Vermittlung eines dauerhaften Waffenstillstands einzusetzen. Die Blockade von humanitären Hilfsleistungen müsse unverzüglich aufgehoben werden, sagte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Auch die Aktion gegen den Hunger beklagte Mangel an Nahrung in vielen Regionen der Welt. “Die Lücke zwischen Bedarf und verfügbaren Mitteln hat sich seit 2016 mehr als verdreifacht”, so Geschäftsführerin Helene Mutschler am Mittwochabend. “Für uns als Hilfsorganisation ist das ein Wendepunkt und bedeutet: Es wird immer schwieriger, dringende Hilfe dort bereitzustellen, wo sie benötigt wird.”
Beispielsweise im Sudan sei das vergangene Jahr für die Bevölkerung geprägt gewesen von anhaltender Gewalt und einer zunehmenden humanitären Krise: Mehr als 30 Millionen Menschen bräuchten Hilfe, in fünf Gebieten des Landes sei eine Hungersnot ausgerufen worden. Dort herrschten massive Zugangsbeschränkungen und Sicherheitsrisiken, so der Bericht der Aktion gegen den Hunger. In Myanmar seien fast 20 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen.