Hunderttausende auf den Beinen: Massenproteste gegen Rechts halten an

Die Massenproteste gegen Rechtsextremismus und die AfD reißen nicht ab: Am Wochenende gingen bei über 100 Demonstrationen bundesweit wieder mehrere hunderttausend Menschen gegen Hass und Hetze und für Demokratie auf die Straße. Auch in Nordrhein-Westfalen fanden zahlreiche friedliche Kundgebungen mit mehreren zehntausend Teilnehmern statt. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) rief dazu auf, nicht nachzulassen. „Wir müssen unsere liberale und tolerante Gesellschaft verteidigen – auch am Stammtisch, beim Straßenfest, am Arbeitsplatz und in der Whatsapp-Gruppe“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag).

Zur bundesweiten größten Demonstrationen versammelten sich am Samstag in Berlin unter dem Motto „#WirSindDieBrandmauer“ mehr als 150.000 Menschen. Dem Aufruf „#WirSindDieBrandmauer“ schlossen sich bislang mehr als 1.870 Organisationen an. In NRW beteiligten sich am Samstag in Krefeld nach Polizeiangaben rund 7.500 Menschen an einem Demonstrationszug. „Wir sind mehr, wir sind laut, wir sind die Mehrheit“, sagte Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD). Etwa 1.500 Menschen protestierten in Erkelenz (Kreis Heinsberg). Proteste gab es auch in Köln, Bochum, Erkelenz, Krefeld und Münster sowie in kleineren Städten wie Holzwickede, Plettenberg und Sendenhorst.

Am Sonntag demonstrierten laut Polizei in Wesel rund 5.000 Menschen in der Innenstadt. Auf Plakaten hieß es unter anderem „Stoppt die AfD“, „Bunt statt braun“ und „Jeder Mensch ist wertvoll“. In Grevenbroich, Leichlingen und Hürth zählte die Polizei jeweils etwa 1.500 Demonstrationsteilnehmer, in Emmerich rund tausend. In Bonn kamen am Sonntagnachmittag etwa tausend Menschen unter dem Motto „Menschenwürde ist unteilbar“ zu einer Kundgebung gegen Hass und Hetze, Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit zusammen. Dazu aufgerufen hatte die interreligiöse „Initiative für Respekt und Zusammenhalt“, die auch von den beiden großen Kirchen unterstützt wird.

In den vergangenen Wochen hatten in NRW bereits mehrere hunderttausend Menschen gegen das Wiedererstarken des Rechtsextremismus in Deutschland und gegen die AfD protestiert. Auslöser der Protestwelle war ein Treffen von AfD-Vertretern mit Rechtsextremisten Ende November in Potsdam. Dabei wurde nach Recherchen des Netzwerks „Correctiv“ über eine massenhafte Ausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland gesprochen.

Innenminister Reul sagte den Funke-Zeitungen: „Wenn die Mitte der Gesellschaft für Demokratie und Toleranz aufsteht, trifft das die Intoleranten und Demokratiefeinde.“ Besorgt über die hohen Umfragewerte für die AfD zeigte sich Handwerkspräsident Jörg Dittrich. „Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass das Handwerk auf Weltoffenheit und eine Willkommenskultur angewiesen ist“, sagte er den Funke-Zeitungen (Samstag). „Rassismus, Hass und Hetze sind keine Geschäftsmodelle, die uns helfen, sondern sie schädigen uns.“

Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, warf der Politik Tatenlosigkeit im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung vor. „Während Millionen Menschen im Land Solidarität zeigen, kommt von der Bundesregierung und demokratischen Parteien fast nichts, außer ein paar Lippenbekenntnisse“, sagte sie den Funke-Zeitungen (Samstag).