Horror, Musicals und Genrevielfalt – das Programm von Cannes

Große Geheimniskrämerei in Cannes: Welche Filme laufen in diesem Jahr beim Festival vom 14. bis zum 25. Mai? Jetzt wurde das Geheimnis gelüftet. Und es gibt tatsächlich einige Überraschungen.

Viel war im Vorfeld nicht durchgesickert über die Wettbewerbsauswahl 2024 in Cannes. Bis am Tag vor Bekanntgabe der Filme verstärkt der Name Francis Ford Coppola fiel, der mit seinem Langzeitprojekt „Megalopolis“ wohl der berühmteste Name im Wettbewerb ist.

Der neue dystopische Science-Fiction-Film des zweifachen „Goldenen Palme“-Gewinners spielt in einem zerstörten New York der Zukunft. Ein idealistischer Architekt namens Caesar, verkörpert von Adam Driver, möchte die Metropole nachhaltig wieder aufbauen und gerät so in einen Interessenskonflikt zum korrupten Bürgermeister Frank Cicero.

In den letzten Jahren fiel Coppola eigentlich nur dadurch auf, dass er seine Klassiker wie „Apocalypse Now“ oder „Der Pate III“ permanent neu schnitt und in neuen „Director’s“ oder „Final Cuts“ verschlimmbesserte. Über seine letzten Spielfilme wie „Jugend ohne Jugend“ (2007) oder „Twixt“ (2011) sollte man lieber nicht zu viele Worte verlieren. Ob man also Coppola wirklich einen Gefallen tut, seinen Film in den Wettbewerb aufgenommen zu haben, muss sich zeigen.

Der schillerndste Name ist jedoch der derzeit sehr angesagte griechische Regisseur Giorgos Lanthimos, der nach „Poor Things“ im Vorjahr in Venedig sein neues Werk „Kinds of Kindness“ wieder mit Emma Stone und Willem Dafoe in Cannes präsentiert.

Jacques Audiard hat für „Emilia Perez“ Mexiko in Studios der Pariser Banlieue aufbauen lassen und einen spanischsprachigen Thriller gedreht, der auch Komödie und Musical sein soll. Auf die Mischung aus Musical und Liebesgeschichte setzt der französische Star Gilles Lellouche mit „L’amour Ouf“, der nach seiner erfolgreichen Regiearbeit mit „Ein Becken voller Männer“ vor sechs Jahren wieder hinter die Kamera wechselt.

Als feministischer Body Horror wird die amerikanische Produktion „The Substance“ der Französin Coralie Fargeat angekündigt mit Demi Moore und Margaret Qualley in den Hauptrollen. Es war der letzte Film mit Ray Liotta, der während der Dreharbeiten verstarb. Ob seine Rolle neu besetzt wurde ist noch unklar. Für echten Horror steht Cannes-Liebling David Cronenberg mit seinem neuen Film „The Shrouds“, den er als autobiografisch und sehr persönlich bezeichnet. Vincent Cassel und Diane Kruger spielen die Hauptrollen.

Horror in all seinen Facetten scheint in diesem Jahr sehr angesagt, auch wenn es die zweite Regiearbeit der französischen Schauspielerin Noemi Merlant nicht in den Wettbwerb schaffte, sondern nur in die Nebensektion „Midnight Screenings“. Ihre Horrorkomödie „Les femmes au balcon“ soll in einem Blutbad in Marseille enden. Die zweite französische Regisseurin im Wettbewerb ist die unbekannte Agathe Riedinger mit dem Coming of Age Film „Diamant Brut“ um eine 19 jährige aus Frejus, die zu einem Casting der TV Show „Miracle Island“ eingeladen wird.

Das Debüt der indischen Regisseurin Payal Kapadia „All we imagine as light“ wird der erste indische Spielfilm im Wettbewerb in Cannes seit über 30 Jahren sein. Nach drei Filmen im Vorjahr ist Italien diesmal nur mit Cannes-Veteran Paolo Sorrentino vertreten. „Parthenope“ hat er wieder in seiner Heimatstadt Neapel gedreht. Unter den Cannes-Wiederkehrern finden sich das neue Werk „The Apprentice“ des iranisch-dänischen Filmemachers Ali Abbasi über den jungen Donald Trump sowie neue Filme von Sean Baker und Karim Ainouz.

Große Hollywoodregisseure findet man ansonsten nur außerhalb des Wettbewerbs. Kevin Costner hat mit „Horizon-An American Saga“ gleich einen Zweiteiler gedreht, der am 28. Juni und 16. August in die amerikanischen Kinos kommt. Der erste Teil wird nun in Cannes seine Weltpremiere erleben. Costner selbst spielt in diesem Western ebenso mit wie Sienna Miller, Sam Worthington und Jena Malone.

Auch George Miller präsentiert „Furiosa: A Mad Max Saga“ in dieser Sektion, in der es um gehobenen Mainstream und Hollywoodfilme geht, die nicht um die Goldene Palme konkurrieren. Auffallend viele große Namen hat man in die Sektion „Cannes Premiere“ ausgegliedert. Dort laufen neue Filme von Leos Carax, Rithy Panh oder Nabil Ayouch.

Zu guter Letzt fällt natürlich auf, dass nach dem doppelten Wim Wenders im Vorjahr diesmal wieder kein einziger deutscher Film im Wettbewerb oder anderen Sektionen zu sehen sein wird. Schwacher Trost: Auch aus dem sonst gefühlt immer vertretenen Österreich kommt diesmal kein Film.