Historische Parks: Das Sterben der Riesen

Es sind die vielen alten Bäume und der Blick auf die Elbe, die den Jenischpark im Westen Hamburgs so besonders machen. Als englischer Garten Ende des 18. Jahrhunderts angelegt, zählt der 42 Hektar große Park heute zu den bedeutenden Landschaftsgärten in Norddeutschland. Doch eine bundesweite Studie zeigt jetzt: Durch den Klimawandel sind die Bäume des historischen Parks massiv bedroht. „Dem Jenischpark geht es besonders schlecht“, sagt Norbert Kühn von der Technischen Universität (TU) Berlin. Er leitete die erste Studie über den Zustand historischer Parks in Deutschland. Das Forscherteam untersuchte in elf Bundesländern etwas mehr als 157.300 Bäume. Hamburg war mit dem Jenischpark und drei Parks in Harburg beteiligt.

Laut Parkzustandsbericht der TU sind die Folgen des Klimawandels für historische Parkanlagen „besorgniserregend“. Mithilfe von Katasterdaten wurden die Lebenskraft einzelner Baumarten, der Zustand von bundesweit 62 Parkanlagen sowie Zusammenhänge mit Trockenheit und Hitze untersucht. Die extremen Wetterphänomene der Jahre 2017, 2018 und 2019 hätten zu „massiven Schädigungen“ geführt, hieß es. Alte Gehölze waren vielfach von Astbrüchen, Zusammenbrüchen und Entwurzlungen von Einzelbäumen betroffen, und es sind sogar ganze Baumgruppen und -bestände abgestorben.

Bundesweit waren rund 41 Prozent der untersuchten Bäume vital und kaum beeinträchtigt, etwa 50 Prozent waren leicht bis mittelstark beeinträchtigt und neun Prozent schwer beeinträchtigt bis tot. Dabei hätten sich Hitze- und Trockenjahre lokal sehr unterschiedlich ausgewirkt. „Wir müssen den Klimawandel ernst nehmen, sollten uns aber davor hüten, generalisierend überall die gleichen Probleme zu erwarten“, sagt Studienleiter Kühn. So registriere sein Team im Englischen Garten in München wenig Veränderungen, die drei untersuchten Parks in Hamburg-Harburg lagen im Mittelfeld, während im Großen Garten in Dresden und im Hamburger Jenischpark „besonders starke Schädigungen“ vorlagen, hieß es.

In der Hitzeperiode 2018 bis 2020 habe die Parkanlage an der Elbe besonders an Vitalität verloren. Im Jenischpark stünden sehr viele alte Gehölze, die meisten Bäume hätten mindestens einen Umfang von zwei Metern. „Diese alten, oft vorgeschädigten, großkronigen Gehölze haben unter der Hitze und Trockenheit in den letzten Jahren sehr gelitten“, sagt Kühn. Stieleichen, die in dem Park vielfach vorkommen, könnten ein hohes Alter erreichen. „Doch die Anpassungsfähigkeit und Vitalität der Stieleichen nimmt wie bei vielen weiteren Baumarten mit dem Alter ab“, sagt Mike Schlink, Sprecher des zuständigen Bezirksamts Altona.

Eine weitere Erklärung könne die besondere Lage und die Windschneise zur Elbe sein. „Möglicherweise spielen auch eine Schadstoffbelastung durch den naheliegenden Hamburger Hafen, die Einflugschneise zum Airbus-Werk oder auch generelle Umwelteinflüsse einer Großstadt eine Rolle“, sagt Schlink. Einen Zusammenhang zwischen dem großen Besucherandrang und Baumschäden sieht er nicht: Es seien keine mechanischen Schäden oder Schäden durch Bodenverdichtungen durch die Erholungssuchende dokumentiert.

Das Bezirksamt wird jetzt das Forschungsergebnis mit der Fachbehörde beraten. Grundsätzliches Entwicklungsziel sei ein Umbau der Baumbestände mit klimaresistenten Arten, hieß es. „Bei Nachpflanzungen wird beraten, welche Baumarten sich aufgrund des Denkmal- und Artenschutzes sowie der Klimaresistenz anbieten“, sagt Schlink. Zu den Baumarten, die Hitzestress und Trockenheit besser vertragen, gehören laut Studie unter anderem die Flaum- und Zerr-Eiche sowie die Hopfenbuche oder Silber-Linde.

Studienleiter Kühn fordert einen höheren Stellenwert der Park- und Gartenanlagen. Die historischen Parks seien teils über Jahrhunderte liebevoll gepflegt worden. „In ihnen haben sich Lebensgemeinschaften bewahrt, die in der umgebenden, intensivierten Landschaft ausgestorben sind“, sagt Kühn. Die Bäume binden CO2, spenden Schatten und seien ein Hotspot der biologischen Vielfalt: In den 62 untersuchten historischen Parks fanden sich 543 verschiedene Baumarten, dagegen gebe es in ganz Deutschland nur 92 heimische Baumarten. Historische Gärten würden all das vereinen, was für die Zukunft gebraucht werde. Kühn: „Es sollte daher eine gesellschaftliche Aufgabe sein, sie auch in Zeiten des Klimawandels für uns alle zu erhalten.“