Historiker zu Kriegerdenkmälern: Mitunter gedenken wir Tätern

Der Münsteraner Historiker Philipp Erdmann rät zu einem kritischen Blick auf Gedenkveranstaltungen an Kriegerdenkmälern. „Mitunter gedenken wir – unbeabsichtigt – auch Tätern“, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Pauschale Empfehlungen seien jedoch schwer zu geben. Ein starkes Zeichen könne unter Umständen sein, das Gedenken zum Volkstrauertag von Kriegerdenkmälern an andere Orte zu verlegen, wie es die Stadt Münster vor einigen Jahren getan habe.

Er empfinde es grundsätzlich als schwierig, Gruppen vom Gedenken auszuschließen. Volkstrauertag bedeute, nicht nur gefallene deutsche Soldaten, sondern auch Zwangsarbeiter, Verfolgte und andere Opfergruppen in den Blick zu nehmen. „Es gibt Rituale und das hat seinen guten Grund“, so Erdmann. Aber Rituale seien nicht unveränderlich. Man müsse sich fragen, woher die Rituale kommen, welchen Zweck sie erfüllen und warum sie den Menschen heute noch wichtig sind.

Bei den Kriegerdenkmälern gelte es, genau hinzuschauen. Seien Namenstafeln angebracht, müsse überprüft werden, ob diese vollständig seien. So hätten die Nazis im Gedenken an die Gefallenen des 1. Weltkriegs jüdische Soldaten oft nicht erwähnt, gab der Historiker zu bedenken.

Denkmäler „stehen nicht ohne Grund da, wo sie stehen“, so der Münsteraner Historiker. Sie richteten sich immer auch an die Lebenden. Denkmäler könnten heute im Wortsinn „Stein des Anstoßes“ für eine kritische Einordnung sein. Ob ergänzende Hinweistafeln oder andere Formen der kritischen Auseinandersetzung an einem Denkmal der richtige Umgang seien, müsse man im Einzelfall entscheiden.

Erdmann ist pädagogisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter am NS-Geschichtsort Villa ten Hompel sowie verantwortlich für die historische Bildungsarbeit am Stadtarchiv Münster. In Zusammenarbeit mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge setzte er sich mit Kriegerdenkmälern in Münster auseinander und veröffentlichte dazu didaktische Hinweise für Schulklassen.