Hinrichtungen weltweit auf Höchststand

Die Zahl der Hinrichtungen weltweit hat im vergangenen Jahr den höchsten Stand seit knapp zehn Jahren erreicht. Amnesty International dokumentierte nach eigenen Angaben für 2023 mindestens 1.153 Hinrichtungen in 16 Ländern. Das sei die höchste Anzahl von gerichtlichen Hinrichtungen seit 2015, heißt es in dem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Bericht zur weltweiten Anwendung der Todesstrafe.

Im Vorjahr 2022 hatte die Menschenrechtsorganisation noch 883 vollstreckte Todesurteile gezählt. Auch die Zahl der weltweit neu verhängten Todesurteile stieg 2023 gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent (2.428).

Für den extrem hohen Anstieg der Hinrichtungen sind laut Amnesty nur wenige Länder verantwortlich. Fast drei Viertel (853) aller registrierten Hinrichtungen entfielen demnach auf den Iran, ein Anstieg zum Vorjahr (576) um 48 Prozent. Häufig sei es dabei um Drogendelikte gegangen, die nach internationalem Recht nicht mit der Todesstrafe geahndet werden dürften. Die Hinrichtungen hätten zudem unverhältnismäßig oft die ethnische Minderheit der Belutschen betroffen. Auf sie seien 20 Prozent der registrierten Hinrichtungen entfallen, obwohl sie nur etwa fünf Prozent der iranischen Bevölkerung ausmache.

Auch die USA (24) und Somalia (38) vollstreckten mehr Todesurteile. In der Subsahara-Region stiegen zudem die registrierten Todesurteile laut Amnesty drastisch um 66 Prozent, von 298 im Jahr 2022 auf 494 im vergangenen Jahr.

In Saudi-Arabien sank zwar die Zahl der Hinrichtungen von 196 (2022) auf 172. Das waren aber immerhin 15 Prozent der weltweiten Hinrichtungen. Darunter waren auch sechs Frauen. Saudi-Arabien ist laut Amnesty außerdem das einzige Land, das im vergangenen Jahr zum Tode verurteilte Menschen enthaupten ließ. Auch hier seien Todesurteile für Taten wie Entführungen und Vergewaltigung gefällt worden, für die nach internationalem Recht nicht die Todesstrafe angewandt werden dürfe. Harte Strafen drohen auch Regierungskritikern. So wurde im Juli 2023 der pensionierte Lehrer Mohammad al-Ghamdi für regierungskritische Social-Media-Posts zum Tode verurteilt.

Neben den offiziellen Zahlen geht Amnesty von Tausenden weiteren geheimen Hinrichtungen in China, Nordkorea und Vietnam aus. In China werde die Bevölkerung in den Medien regelmäßig daran erinnert, dass Straftaten wie Drogenhandel und Bestechung mit dem Tode bestraft werden können. Nordkorea habe ein neues Gesetz eingeführt, das die Todesstrafe als mögliche Strafe für diejenigen vorsieht, die nicht Koreanisch verwenden.

Zugleich verabschiedeten sich immer mehr Länder von der grausamen Praxis der Todesstrafe, sagte die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow. In Belarus, Japan, Myanmar und Südsudan, die 2022 noch Todesurteile vollstreckt haben, seien 2023 keine Hinrichtungen mehr erfasst worden. Bis heute hätten 144 Länder die Todesstrafe per Gesetz (112) oder in der Praxis (32) abgeschafft. „Für Amnesty International ist der Einsatz für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe jedoch erst beendet, wenn kein Mensch mehr Opfer staatlicher Exekutionen wird“, sagte Duchrow.