Niemand wünscht sich Frieden so sehr wie die Menschen in der Ukraine selbst, ist Thomas Schwartz vom katholischen Osteuropa-Hilfswerk Renovabis überzeugt. Doch er warnt vor einem Diktatfrieden.
Der Chef des katholischen Osteuropahilfswerks Renovabis, Thomas Schwartz, hat sich kritisch zum US-Friedensplan für die Ukraine geäußert. Solange täglich neue Wunden geschlagen würden, falle es schwer, von Versöhnung zu sprechen, schrieb Schwartz in einem Beitrag für die Website “Innehalten” des Sankt Michaelsbundes. Wegen des Sicherheitsbedürfnisses aller Länder auf dem Kontinent müssten überdies die Staaten Europas in die Verhandlungen einbezogen werden, ergänzte er auf Nachfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Schwartz gibt zu bedenken: “Kann es einen gerechten Frieden geben, wenn dadurch Ukrainerinnen und Ukrainer unter russische Besatzung kommen oder dauerhaft unter dieser leben müssen?” Sie seien dort der Willkür Russlands ausgesetzt. Das Hilfswerk wisse, dass alle verfolgt würden, die nicht der russisch-orthodoxen Religionsgemeinschaft angehörten. Besonders aber auch jene, die ihre Unterstützung für das Besatzungsregime nicht zum Ausdruck bringen würden. So seien Fälle bekannt, in denen Geistliche verschiedener Konfessionen in den besetzten Gebieten gefangen genommen, entführt und gefoltert oder bei Beschuss getötet und verletzt worden seien.
Weiter verweist der Renovabis-Chef darauf, dass Menschen in diesen Gegenden ihre ukrainische Sprache nicht mehr sprechen dürften, ihre Kinder in der Schule mit Propaganda konfrontiert seien und ihre ukrainische Identität ausgelöscht werden solle. “Was heute dort geschieht, ist Gegenteil von Versöhnung.” Im Friedensplan, der zwischen den USA und Moskau ausgearbeitet worden sei, fänden diese Menschen keine Erwähnung. Stattdessen solle die internationale Gemeinschaft ihre Heimat als Teil Russlands anerkennen. “Diese Menschen dürfen nicht zur Opfergabe für einen Diktatfrieden werden”, so Schwartz.
In diesen Fragen zeige sich, was es bedeute, wenn ein Friedensplan ohne Beteiligung des angegriffenen Landes entstehe. “Die Ukraine, die seit mehr als zehn Jahren um ihre Existenz kämpft, soll einem Dokument zustimmen, auf das sie keinen Einfluss hatte.” Ein gerechter Frieden, der echte Versöhnung möglich mache, müsse aber unbedingt im klaren Interesse der Ukrainerinnen und Ukrainern sein.
Niemand wünsche sich einen Frieden so sehr wie die Menschen in der Ukraine, so der Hilfswerk-Vorsitzende weiter. Das Ausmaß von Gewalt, Unterdrückung und Zerstörung, mit dem sie jeden Tag konfrontiert seien, übersteige die Vorstellungskraft hierzulande. Ein Versöhnungsprozess könne überhaupt erst beginnen, wenn Waffen schwiegen und der Aggressor ein ehrliches Interesse an einem gerechten Frieden bezeuge. Renovabis hat nach eigenen Angaben seit Beginn des Krieges mehr als 20 Millionen Euro in Projekte in der Ukraine investiert.