Hilfsorganisationen über Zukunft humanitärer Hilfe in Gaza
Anfang der Woche wurden in Gaza sieben humanitäre Helfer durch einen israelischen Luftangriff getötet. Welche Schlussfolgerungen ziehen andere Hilfsorganisationen aus diesem Vorfall?
Humanitäre Hilfsorganisationen haben die Aussetzung von Waffenverkäufen und -lieferungen an Israel und bewaffnete palästinensische Gruppen gefordert. Diese würden das „Blutbad“ im Gazastreifen weiter anheizen, mahnten Vertreterinnen und Vertreter von Oxfam America, Save the Children International, Ärzte ohne Grenzen und Ärzte der Welt in einer gemeinsamen Onlinekonferenz am Donnerstagabend an.
Durch einen israelischen Luftangriff auf einen Konvoi im Gazastreifen waren am Montag sieben Hilfskräfte der US-Organisation World Central Kitchen (WCK) getötet worden. In der Folge stellten viele humanitäre Organisationen ihre Arbeit im Gazastreifen vorübergehend ein.
In der Konferenz ging es deshalb auch um die Frage, inwiefern humanitäre Hilfsmaßnahmen in Zukunft noch möglich seien in Gaza. Die Leiterin des Einsatzteams bei Save the Children International, Karyn Beattie, erklärte, dass Hilfsteams auf Grund der Krieges in einem täglich sich verändernden Umfeld arbeiten müssten. „Eine Zeit lang kann man LKWs durchschleusen, für einen Tag in einer relativ anständigen Anzahl, und dann geht es plötzlich nicht mehr.“ Ihr Team versuche jeden Tag aufs Neue herauszufinden, wie es Notfallpläne oder -ideen einbringen könne.
Auch die Verteilung der Lebensmittel ist laut Isabelle Defourny von Ärzte ohne Grenzen nicht erst seit dem Tod der Helfer riskant. Die Arbeit niederzulegen, sei dennoch keine Option. „Wir haben 300 Mitarbeiter in Gaza, und wir tun unser Bestes, um sie weiterhin zu unterstützen und ihr Gehalt zu zahlen.“ Viele seien Palästinenser. Wenn sie es selbst wollten, dürften diese auch weiterhin arbeiten. Arbeitsweisen könnten jedoch nun nicht von einem auf den anderen Tag komplett geändert werden.
„Wir sind jeden Tag gezwungen zu entscheiden, ob wir eine Operation fortsetzen oder aussetzen, weil wir nicht über die entsprechenden Sicherheitsbedingungen verfügen“, ergänzte Scott Paul von Oxfam. Es bestünde auf höchster Ebene ein ständiges Spannungsverhältnis zwischen der Fürsorgepflicht gegenüber den eigenen Mitarbeitern und dem moralischen Gebot, auf eine unvorhergesehene humanitäre Katastrophe zu reagieren. Er wolle jedoch von großen Ankündigungen wie der von WCK oder anderen Organisationen in dieser Woche absehen, die besagen, dass sie ihre Arbeit einstellen. „Hier geht es nicht um alles oder nichts.“
Im Norden des Gazastreifens herrsche eine Hungersnot. Dieser könne man nicht damit begegnen, „jemandem Lebensmittel vor die Haustür zu legen oder sie vom Himmel fallen zu lassen oder sie von einem Pier abzuladen“, kritisierte Paul aktuell durchgeführte Maßnahmen. Gebraucht werde eine medizinische Intervention, die jedoch sehr personalintensiv sei. „Und das erfordert ein operatives Umfeld, von dem wir im Moment weit entfernt sind.“
Am 7. Oktober hatten Hamas-Terroristen im Süden Israels ein Massaker mit rund 1.200 Toten angerichtet und mehr als 200 Menschen in den Gazastreifen verschleppt, von denen Dutzende immer noch festgehalten werden. Israel antwortete mit einer großangelegten Militäroffensive, die bis heute anhält.
Israel wird vorgeworfen, dabei auch gezielt zivile Ziele wie Schulen oder Krankenhäuser zu bombardieren, etwa das Al-Shifa Krankenhaus in Gaza. Das israelische Militär rechtfertigte den Angriff damit, dass laut Informationen der Streitkräfte Terroristen und andere Abteilungen der Hamas aus dem Krankenhaus aus operieren. Die israelische Regierung wirft der Hamas vor, die Zivilbevölkerung als Schutzschilde zu benutzen.