Hilfe für „stille Menschen“

Die Arbeitsbedingungen von rumänischen Werktätigen in schleswig-holsteinischen Schlachtbetrieben sollen verbessert werden. Auch die Kirche mischt sich ein.

Einer von drei Großschlachthöfen in Schleswig-Holstein in Bad Bramstedt
Einer von drei Großschlachthöfen in Schleswig-Holstein in Bad BramstedtPicture Alliance / Carsten Rehder

Breklum. „Unsichtbar im Stadtbild“ nennt sie Heike Riemann vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA). Als „stille Menschen“ bezeichnet sie Pastor Friedemann Magaard von der Kirchengemeinde Husum. Beide sprechen über rund 300 Menschen, die in Schleswig-Holstein arbeiten und leben. Es geht um die Werkvertrags­beschäftigten der drei großen Schlachthöfe in Schleswig-Holstein, geführt von den Firmen „Danish Crown“ in Husum, Tönnies in Kellinghusen und Vion in Bad Bramstedt. Angestellt sind sie durch Subunternehmen.

Vor zwei Jahren wurden die Unsichtbaren sichtbar bei einer Konferenz am Christian-Jensen-Kolleg in Breklum. Jetzt, im Februar 2020 und etliche Konferenzen, Podiumsdiskussionen und kritische Medienberichte später, findet erneut eine Konferenz in Breklum statt. „(Zwischen-)Bilanz zur Situation von Werkvertragsbeschäftigten auf den Schlachthöfen in Schleswig-Holstein“ heißt das Treffen, hinter dem Gewerkschaften und beide großen christlichen Kirchen stehen.

Was sich schon getan hat

Um die momentane Lebens- und Arbeitssituation der Beschäftigten soll es dann gehen – und um künftige Forderungen. Auch Landespolitiker haben ihr Kommen zugesagt. „Es wird keine Konferenz sein, nach der man sagt: ‚Es ist alles erledigt‘“, sagt Heike Riemann. Unterkünfte, Arbeitszeiten­, Integration, das waren und sind nach wie vor drei der großen Themen.

Getan hat sich etwas. Zum Beispiel in Husum. „Wir hatten ein halbes Jahr nach der Breklumer Konferenz eine Podiumsdiskussion in der Marienkirche“, erzählt Pastor Friedemann Magaard. Dort saßen sich unter anderem Susanne Uhl, Regionsgeschäftsführerin vom DGB Flensburg, und Husums Danish-Crown-Geschäftsführer Dirk Hartmann gegenüber. Der Abend endete mit der Vereinbarung, einen Runden Tisch zu gründen.

Beschwerden aus der Nachbarschaft

Etwa drei Mal im Jahr treffen sich der Schlachthof-­Geschäftsführer, der Integrationsbeauftragte des Kreises, Vertreter von Diakonie, Gewerkschaft, der Stadt und der Kirchengemeinde an einem Runden Tisch, berichtet Magaard. „Das ist eine gute Zusammensetzung, weil sie die Situation der Leute unterschiedlich in den Blick nimmt“, sagt er. Die Situation vor Ort sei schwierig. „Die Leute leben auf engstem Raum zusammen. Sie sind täglich zwölf Stunden im Betrieb.“ Als Pastor habe er die besondere Aufgabe, vor Ort präsent zu sein. So gab es etwa Klagen aus der Nachbarschaft einer Unterbringung. Er suchte mit allen das Gespräch – und konnte damit frühzeitig de­eskalierend­ wirken.

Gerade habe man eine Umfrage unter den Werktätigen durchgeführt, berichtet Magaard. „Wir möchten uns klarmachen, was für Lebens- und Arbeitsbedingungen die Leute brauchen.“ Denn die haben, so Riemann, unterschied­liche Interessen: „Es gibt diejenigen, die sich hier ein Leben aufbauen wollen.“ Andere blieben nur eine Zeit lang in Deutschland, um Geld zu verdienen. Gesprochen wird nun über Sprachkurse oder Freizeitangebote wie Sport.

Warum sie sich in einer Zeit, in der Tierwohl und Vegetarismus große Themen sind, um Schlachthöfe kümmert, wurde Heike Riemann neulich gefragt. „Weil es um Menschen geht“, sagte sie.

Info
Die Konferenz findet am Sonnabend, 8. Februar, von 10 bis 16 Uhr am Christian-Jensen-Kolleg in Breklum satt. Anmeldungen werden bis zum 1. Februar an flensburg@dgb.de erbeten. Die Teilnahme ist kostenfrei.