Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Hamburg (AGFW) fordert eine bessere Ausstattung der stationären Jugendhilfe. Nur so könne das Hilfesystem in die Lage versetzt werden, eine umfassende und bedarfsgerechte Betreuung auch besonders belasteter Kinder und Jugendlicher zu gewährleisten, teilte die AGFW am Freitag mit. Die Hamburger Wohlfahrtsverbände fordern Verbesserungen in den Regelwohngruppen der stationären Jugendhilfe, insbesondere eine Doppelbesetzung mit Fachkräften, gleiche Betreuungsmaßstäbe für junge Volljährige, eine Erhöhung des Leitungsschlüssels und vollständig refinanzierte Nachtdienste.
„Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen, die psychisch belastet sind, brauchen eine verlässliche und qualitativ hochwertige Betreuung“, erklärte Sandra Berkling von der AGFW. „Die jungen Menschen, um die es geht, haben in ihrer Familie vielfach Überforderung und Gewalt erlebt oder sind durch ihre Flucht traumatisiert.“ Ihr herausforderndes Verhalten sei auch Ausdruck seelischer Not und ein Hilferuf. Damit diese Kinder nicht dauerhaft im Kinder- und Jugendnotdienst stranden, müsse die stationäre Jugendhilfe in Hamburg bedarfsgerecht ausgestattet und strukturell gestärkt werden.
Aktuell fehle es an Ressourcen und die Arbeitsbedingungen seien nicht zeitgemäß, sagte Berkling. „So ist zum Beispiel eine individuelle Betreuungszeit von rund 15 Minuten pro Kind und Tag vorgesehen, oft ist nur eine Fachkraft im Dienst und ganz auf sich allein gestellt.“ Zwischen 22 und 6 Uhr sollten die Fachkräfte in der Regel schlafen und nur in seltenen Notfällen eingreifen. „Die Realität sieht anders aus“, sagte Berkling. Gerade abends und nachts seien die Fachkräfte gefordert, wenn die Angst bei traumatisierten Jugendlichen am größten sei und Krisen aufgefangen werden müssten. Diese schwierigen Arbeitsbedingungen verschärften den ohnehin bestehenden Personalmangel und führten zur Überlastung der Fachkräfte oder gar zur Schließung von Wohngruppen.
„Der aktuelle Haushaltsetat ist für diese notwendigen Standards völlig unzureichend, so dass wichtige Angebote für die Entwicklung der sozialen und emotionalen Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen und für eine sinnvolle Freizeitgestaltung nicht drin sind“, kritisierte Berkling. Es bedürfe einer gemeinsamen Anstrengung aller Verantwortlichen, vor allem der Hamburger Politik. „Ziel muss es sein, die stationäre Jugendhilfe in Hamburg zukunftsfähig zu machen und den jungen Menschen die Unterstützung zu geben, auf die sie einen Rechtsanspruch haben.“