Herzog August Bibliothek gibt jüdisches Raubgut zurück

Die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel hat jüdisches Raubgut an die Erben seiner Vorbesitzer zurückgegeben. Der in London lebende Urenkel der aus Mainz stammenden jüdischen Familie Ganz habe die Bücher nach der feierlichen Restitution Anfang November der Wolfenbütteler Bibliothek geschenkt, sodass sie dort weiterhin zur Verfügung stünden, teilte eine Sprecherin am Donnerstag mit. Beide Notenbände von Georg Friedrich Händel und Wolfgang Amadeus Mozart kamen 1998 als Teil einer mehrere Bände umfassenden Schenkung einer Benutzerin in die Bibliothek.

Felix Ganz (1869-1944) und seine Familie waren der Verfolgung durch das NS-Regime ausgesetzt. Ganz hatte sich bis zur „Arisierung“ seines Unternehmens auf den Import von Textilien und Ausstattung aus dem Nahen und Mittleren Osten spezialisiert. Seine Villa beherbergte unter anderem eine umfassende Privatbibliothek, deren Verbleib nach der erzwungenen Räumung im Jahr 1941 weitgehend ungeklärt ist. Felix und seine Frau Erna Ganz wurden zunächst in das Ghetto Theresienstadt deportiert und 1944 nach Auschwitz verschleppt und ermordet.

Die Besitzerin des zweiten Notenbands, die Tochter der Familie, Olga Renate (1900-1974), war als Opern- und Konzertsängerin im In- und Ausland tätig. Sie verlor mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ihre berufliche Existenz. Dem Holocaust konnte sie durch Emigration nach Großbritannien im März 1939 entgehen.

Die Bibliothek erforscht bereits seit mehreren Jahren „NS-Raubgut unter den antiquarischen Erwerbungen“ in unterschiedlichen Zeitspannen. Werde ein Band als NS-Raubgut identifiziert, strebe die Einrichtung nach eigenen Angaben eine „gerechte und faire Lösung“ im Sinne der „Washingtoner Prinzipien“ an. Das könne die Rückgabe entzogener Objekte bedeuten, oder auch individuelle Lösungen wie in dem vorliegenden Fall beinhalten.