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Hausärztliche Versorgung soll mit neuem Gesetz besser werden

Die “Generalüberholung” des Gesundheitssystems schreitet voran. Nach der Krankenhausreform nimmt sich Minister Lauterbach die ambulante Versorgung vor. Doch die Kritik bleibt auch nach dem Kabinettsbeschluss groß.

Der Hausarzt vor Ort soll für Patientinnen und Patienten auch künftig die erste Adresse bei gesundheitlichen Problemen sein. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch den von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf zur Reform der ambulanten Gesundheitsversorgung. Hintergrund ist, dass bereits jetzt rund 5.000 hausärztliche Praxen – vor allem in ländlichen Regionen – unbesetzt sind. Mit dem anstehenden Ruhestand der sogenannten Babyboomer fürchten Experten eine weitere Welle an Schließungen bei Hausarztpraxen.

Das Gesetz sei auch für die Demokratie von großer Bedeutung, betonte Lauterbach. Schon jetzt gebe es Orte und ländliche Regionen, wo Haus- und Fachärzte, Psychotherapeuten und Krankenhäuser fehlten. “Es darf keine medizinische Banlieus geben”, so der Minister in Anspielung auf die oft abgehängten Randgebiete großer französischer Städte. Und fügte hinzu: “Wir müssen dringend den Hausarztberuf attraktiver machen.”

Wie zuvor bei den Kinderärzten sollen künftig auch bei den Hausärzten Obergrenzen für die Vergütung (Budgets) wegfallen. Dadurch werden alle Leistungen, auch Hausbesuche oder Online-Sprechstunden im Homeoffice, unbürokratisch vergütet. Diese Veränderung werde die Versicherten etwas kosten, wie viel sei schwer abzuschätzen, räumte der Minister ein.

Weiter soll eine jährliche “Versorgungspauschale” etwa für die Behandlung chronisch Kranker eingeführt werden. Geplant ist außerdem eine “Vorhaltepauschale”, wenn Hausärztinnen und Hausärzte bestimmte Kriterien erfüllen – beispielsweise für Haus- und Pflegeheimbesuche oder bei zusätzlichen Sprechstunden an Abenden oder Samstagen.

Ein weiterer Punkt des Gesetzentwurfes sind medizinische Versorgungszentren (MVZ), in denen Mediziner gemeinsam ihre Leistungen anbieten. Für Kommunen soll es leichter werden, solche Zentren zu gründen. Besser und einfacher werden soll auch die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen, sowie die Versorgung für vulnerable Gruppen, etwa Drogenabhängige, mit langfristigen psychischen Problemen.

Für chronisch Kranke und Menschen mit Behinderungen soll der Zugang zu medizinischen Hilfsmitteln vereinfacht werden. Hier geht es vor allem um schnellere Bewilligungsverfahren. Hebammen und Pflegekräfte sollen mehr Mitspracherechte im Gemeinsamen Bundesausschusses von Kassen, Ärzten und Krankenhäusern erhalten.

Die geplante Reform stößt bei Krankenkassen und Verbänden auf wenig Zuspruch. Vor allem die hohen Kosten, die aus Sicht der Kassen beim Beitragszahler landen, sorgen für Kritik. Dafür gebe es zu wenig Mehrwert. Auch die Stiftung Patientenschutz zeigte sich skeptisch, ob die Versorgung wirklich besser werde. Die Hausärzte begrüßen die Veränderungen.

Im Zuge der Beratungen sind zahlreiche Bausteine aus dem Gesetz herausgefallen – darunter die niedrigschwelligen Gesundheitskioske als erste medizinische Anlaufstellen für Bürger, Primärversorgungszentren und Gesundheitsregionen. Diese Aspekte sollen aber laut Lauterbach bei den noch vor der Sommerpause beginnenden Bundestagsberatung erneut auf den Tisch kommen.