Harald Lesch: Politiker müssen Entscheidungen mehr erklären

Der Astrophysiker Harald Lesch ist längst zur TV-Allzweckwaffe geworden. Nicht nur, wenn es darum geht, den Klimawandel verständlich zu erläutern. In Sachen Mobilität sieht er dringend Korrekturbedarf.

Der Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist Harald Lesch wirft der Bundesregierung vor, zu wenig zu kommunizieren. Damit mache sie denselben Fehler wie viele Regierungen vor ihr, sagte der 63-Jährige dem Fernsehmagazin der “Süddeutschen Zeitung”. Bundeskanzler Olaf Scholz spreche so wenig über seine Politik, “dass man denken könnte, er glaube, genug schweigen würde schon ausreichen”. Politik habe sehr viel mit Sprache zu tun, erinnerte Lesch. Die richtige Sprache sei Voraussetzung dafür, dass die Menschen in Deutschlands Vertrauen in ihre Regierenden hätten.

In Deutschland gebe es eine Menge, die sich viel dächten, aber nichts sagten, bedauerte der Wissenschaftler. Das sei für ihn derzeit das Schlimmste. Denn es bestehe ein großer Unterschied zwischen einem ausgesprochenen und einem gedachten Wort. Als Hochschullehrer könne er nur sagen: “Benutzt eure Sprache, redet miteinander, tauscht Argumente aus, lass die anderen ausreden. Und versucht wieder, richtig Politik zu machen. Im besten Sinne des Wortes: wenn Menschen miteinander im Gespräch sind.”

Zugleich zeigte sich Lesch überzeugt, dass die Menschen ihre Mobilität und ihren Energiekonsum verändern werden. “Das wird alles automatisch kommen. So, wie jemand durch eine Flut gezwungen wird, sein Haus anders oder woanders zu bauen. Wir brauchen gar nicht weit zu schauen: Die Meeresspiegel steigen, und ein Land wie die Niederlande ist massiv gefährdet. Aber man spricht nicht darüber.”

Bei der Mobilität werde des Deutschen empfindlichster Nerv getroffen, räumte der Wissenschaftler ein. Die Gesellschaft sei wieder so mobil wie vor Corona. Das werde weiter zunehmen, könne aber so nicht bleiben. Wenn sich immer mehr Menschen am Mobilitätskonzept des Westens orientierten, werde der Planet viel zu heiß werden.

Für die neuen Folgen von “Terra X Harald Lesch” kündigte der Astrophysiker an, deutlicher machen zu wollen, dass der wissenschaftliche Prozess auch Irrtümern unterliegt. “Wir zeigen, wie Wissenschaft funktioniert und welche Risiken und Chancen Technologien bergen. Wir können aber der Gesellschaft die Entscheidung nicht abnehmen, dafür sind wir gar nicht zuständig.” Ziel sei, so gut es geht zu berichten und zu hoffen, dass immer mehr Menschen Vernunft annähmen.