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Hans Maier: Bayern hat sich mit späten Schulferien geopfert

In regelmäßigen Abständen gibt es unter den Bundesländern Streit um den Termin der Sommerferien. Die aktuelle Regelung stammt von 1971. Hier erzählt einer, der es wissen muss, wie es wirklich dazu kam.

Hans Maier (94), ehemaliger bayerischer Kultusminister, kann über die aktuelle Debatte um die Sommerferien der Bundesländer nur den Kopf schütteln. Der späte Termin in Bayern habe nichts mit Privilegien oder gar bayerischer Starrköpfigkeit zu tun, zitiert die “Süddeutsche Zeitung” (Dienstag) aus einem Leserbrief Maiers. “Es war alles ganz anders.”

Maier war Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK), als das bis heute gültige Ferienterminsystem festgelegt wurde. Dass Bayerns Schüler im Spätsommer bei der Ernte hätten helfen müssen, sei für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg noch zutreffend, 1971 aber nicht mehr maßgeblich gewesen, schreibt er. Die Verhandlungen in der KMK hätten sich aus einem Grund festgelaufen: “Kein Land wollte an den möglichen Ferienschluss kommen”, erinnert sich Maier.

Der August/September-Termin sei dermaßen unattraktiv gewesen, dass die Mehrheit der Kultusminister ihn nicht einmal im Wechsel mit anderen Ländern hätte haben wollen. Als Konferenzvorsitzender habe er, Maier, “die Dinge wieder in Gang bringen wollen” und angeboten, dass Bayern dauerhaft den Schlusstermin übernehme. “Das wurde in der damaligen Situation geradezu als Befreiung empfunden, als ein bayerisches ‘Opfer’ für das Gemeinwohl.” Alle seien am Ende zufrieden gewesen, nur in Bayern selbst habe sich “leiser Widerstand” geregt. “Man fürchtete wirklich die Kälte.”

Dass der späte Termin heute so begehrt sei, führt Maier anders als Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nicht auf ein “genetisches Erbe” Bayerns zurück, sondern vielmehr auf die “inzwischen fühlbare Klimaveränderung”. Angesichts der Geschichte der aktuell gültigen Regelung könne er nur darüber staunen, dass Bayern jetzt von anderen Bundesländern Sturheit vorgeworfen werde.

Und dann äußert der Polit-Senior und passionierte Orgelspieler noch einen Wunsch an Politik und Medien: “Stimmt diese hohen Töne so schnell wie möglich herunter!” Deutschland könne “solche künstlichen Aufladungen wahrhaftig nicht brauchen”.