Das Historiker-Gutachten für das Seligsprechungsverfahren des ehemaligen württembergischen Staatspräsidenten Eugen Bolz liegt vor. Das 250 Seiten starke Dokument werde in den nächsten Tagen an das „Dikasterium für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse“ in Rom gesandt, teilte die Diözese Rottenburg-Stuttgart am Donnerstag mit. Es belege, dass Bolz aus seiner katholisch-christlichen Überzeugung heraus Widerstand gegen die Nationalsozialisten geleistet habe.
Der „Historischen Kommission“, die das Gutachten erstellt hat, gehörte Andreas Holzem an, der als Professor für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Eberhard Karls Universität Tübingen lehrt, außerdem Daniela Blum, Professorin für Kirchengeschichte an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, sowie Wolfgang Zimmermann, Direktor des Generallandesarchivs Karlsruhe mit der Dokumentationsstätte Rechtsextremismus. Bolz soll als Märtyrer seliggesprochen werden, dazu muss kein Wunder festgestellt werden. Als Kriterien nannte der Offizial Thomas Weißhaar, Bischöflicher Beauftragter für das Seligsprechungsverfahren, den gewaltsamen Tod, den Glaubens- und Kirchenhass seiner Verfolger sowie die Bereitschaft des Glaubenszeugen, den Willen Gottes innerlich angenommen zu haben.
Bolz wurde in Rottenburg als Sohn einer alteingesessenen katholischen Handwerkerfamilie geboren. Für den an der katholischen Soziallehre orientierten Zentrumspolitiker, so die Mitteilung, sei Politik nichts anderes als praktisch angewandte Religion gewesen. Sein Wahlspruch war: „Die Gottesfurcht ist der Anfang der Weisheit.“ In dieser Haltung habe er sich gegen Totalitarismus, Menschenverachtung und Machtvergötterung eingesetzt. Wegen seiner Haltung war Bolz den Nationalsozialisten schon in den 1920er-Jahren verhasst. Bereits 1933 wurde er verhaftet. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Hohenasperg befasste er sich intensiv mit päpstlichen Sozialenzykliken, pflegte Kontakte zum Kloster Beuron und beriet den Caritasverband in Stuttgart.
1942 schloss er sich dem Widerstandskreis um Carl-Friedrich Goerdeler an. Nach dessen Plänen sollte Bolz nach dem Ende des Naziregimes Kulturminister in Deutschland werden. Nach dem missglückten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee enthauptet. (2438/12.10.2023)