Fünf Tage nach dem vorsätzlich gelegten Brand mit vier Toten in einem Mehrfamilienhaus in Solingen ist am Samstag mit einem Trauermarsch der Opfer gedacht worden. Etwa 700 Menschen zogen von der Innenstadt zu dem ausgebrannten Wohnhaus im Stadtteil Höhscheid. Dort wollte der Imam der örtlichen Ditib-Gemeinde, Ali-Riza Yilmaz, ein muslimisches Gebet sprechen. Bei dem Feuer waren in der Nacht zum Montag die vier Mitglieder einer aus Bulgarien stammenden islamischen Familie gestorben.
Während des Trauerzuges wurden zahlreiche bulgarische und vereinzelt auch türkische Fahnen geschwenkt. Teilnehmer des Marsches trugen Bilder der bei dem Brand ums Leben gekommenen Familie vor sich her und riefen in Sprechchören auf Deutsch und Bulgarisch „Wir wollen Gerechtigkeit“, „Kein Hass in Solingen“ und „Wir fordern Aufklärung“.
Die Familien der Opfer und die Stadt Solingen hatten zu einem „stillen Trauermarsch“ eingeladen und Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) hatte im Namen der Angehörigen darum gebeten, auf politische Botschaften zu verzichten. „Solingen steht zusammen, gerade auch in den schweren Stunden“, sagte er am Samstag.
Bei dem Brand waren die im Dachgeschoss wohnenden 28 und 29 Jahre alten bulgarische Eltern sowie ihre drei Jahre und fünf Monate alten Kinder gestorben, acht Menschen wurden verletzt. Nach dem vorläufigen Brandgutachten wurden laut Staatsanwaltschaft im Treppenhaus des Gebäudes, einer Holzkonstruktion, Reste von Brandbeschleuniger festgestellt. Es habe sich daher um Brandstiftung gehandelt.
Migrantenverbände und der Islamverband Ditib hatten die Vermutung geäußert, dass es sich um einen fremdenfeindlichen Brandanschlag handelte. Der zuständige Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Samstag, ein extremistischer Hintergrund sei zwar nicht ausgeschlossen, es gebe dafür aber weiterhin keine Hinweise. Daher sei auch der Staatsschutz bislang nicht eingeschaltet worden. Die Ermittlungen würden weiterhin „komplett offen geführt“. Ein zwischenzeitlich festgenommener junger Mann war nach Überprüfung seines Alibis wieder freigelassen worden.
Der Brand weckte Erinnerungen an Pfingsten 1993, als vier junge Männer aus der Neonazi-Szene in Solingen das Haus der türkischstämmigen Familie Genç in Brand setzten. Zwei Frauen und drei Mädchen im Alter von 4 bis 27 Jahren starben, weitere Familienmitglieder wurden teils lebensgefährlich verletzt. Die Tat war einer der folgenschwersten ausländerfeindlichen Anschläge der deutschen Nachkriegsgeschichte. Mitglieder der Familie Genç nahmen an dem Trauermarsch am Karsamstag teil.