Große Mehrheiten in Ost und West teilen demokratische Grundwerte
Ostdeutschland ist ein Seismograph für politische Entwicklungen geworden, meint der Ostbeauftragte der Bundesregierung. Wahlergebnisse und Stimmungen bereiteten ihm große Sorgen. Das schade auch wirtschaftlich.
Laut dem aktuellen Deutschland-Monitor sind neun von zehn Befragten in Ost und West für eine Gesellschaft mit gleichberechtigten Geschlechtern und mit gleichen Chancen auf Entfaltung der Persönlichkeit. Weiter ist der großen Mehrheit ein friedliches Zusammenleben der Religionen sowie ein “gelebtes soziales Miteinander” wichtig, wie es in der am Mittwoch vorgestellten Studie heißt. 81 Prozent der Befragten finden demnach das “Leistungsprinzip” gut. Für die repräsentative Studie wurden nach eigenen Angaben im Frühjahr knapp 4.000 Teilnehmer befragt.
Weniger Einigkeit gibt es demgegenüber bei der Einstellung zum Klimaschutz. 57 Prozent der Befragten unterstützen demnach das Ziel einer “klimaneutralen Gesellschaft” und 56 Prozent sehen in der Zuwanderung eine Chance. Diese Ziele werden dem Bericht zufolge in Westdeutschland stärker unterstützt als in Ostdeutschland. Es zeige sich aber, dass diese Ost-West-Unterschiede bei den jüngeren Befragten geringer ausfielen.
Bilanzierend erklärte der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), dass sich Ost und West bei den großen Linien, etwa wie die Gesellschaft aussehen soll, weitgehend einig seien. Viele Ansichten glichen sich offenbar an. Sein Bericht “Ost und West. Frei, vereint und unvollkommen” enthält Gastbeiträge etwa vom früheren polnischen Präsidenten Lech Walesa, dem Wirtschaftsexperten Michael Hüther oder der Schriftstellerin Anne Rabe.
Schneider betonte, ihn alarmierten die Wahlergebnisse in Ostdeutschland. Die rechtspopulistische AfD habe dort hohe Zustimmungswerte. Dies schade dem Ruf der Region auch wirtschaftlich. Er höre immer wieder, dass es auch in Städten wie Weimar schwierig sei, Positionen etwa an Universitäten zu besetzen. Zugleich warnte er vor einer Stigmatisierung. 70 Prozent der Wähler hätten schließlich nicht die AfD gewählt. Insgesamt sei Ostdeutschland zu einem Seismograph für politische Entwicklungen geworden, so Schneider. Viele Ostdeutsche reagierten in Krisen sensibler – nicht zuletzt auch deshalb, weil sie anders als viele Westdeutsche weniger auf Rücklagen zurückgreifen könnten.