Greifswalder Dom: Mehr als 72.000 Seiten digitalisiert

Die Bibliothek des Geistlichen Ministeriums im Greifswalder Dom enthält Bücher, die vor der Erfindung des Druckes entstanden. Jetzt können die mittelalterlichen Handschriften online angeschaut werden.

Nach und nach werden die besonderen Handschriften in der Bibliothek des Geistlichen Ministeriums im Greifswalder Dom digitalisiert
Nach und nach werden die besonderen Handschriften in der Bibliothek des Geistlichen Ministeriums im Greifswalder Dom digitalisiertAnja Goritzka

Drei Jahre hat die Restaurierung und Digitalisierung der Handschriften aus der Bibliothek des Geistlichen Ministeriums im Greifswalder Dom gedauert, mit so manchen Herausforderungen. „Das Pergament kann sehr schwierig sein. Es kann durch Schimmel beschädigt sein. Dann muss man vorsichtig sein, dass diese beim Umblättern nicht beschädigt werden. Auch die Einbände können sich nach 500 Jahren gelockert haben“, erzählt Bruno Blüggel, Leiter des Digitalisierungszentrums der Universitätsbibliothek Greifswald.

Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und er machten die Onlinenutzung der Handschriften im neuen Portal möglich. Insgesamt wurden 104 Bände des Geistlichen Ministeriums sowie 55 Bände aus den Beständen der Universitätsbibliothek Greifswald digitalisiert. 8.375 Bilddateien zu 72.293 Seiten sind im neuen Handschriftenportal, dem Nachfolger des Handschriftenforums „Manuscripta Mediaevalia“, abrufbar. Die neue Seite ist ein deutschlandweites Projekt mehrerer Universitäten. Es wird von Dr. Robert Giel, Referatsleiter für die Abendländischen Handschriften an der Staatsbibliothek zu Berlin, geleitet. Bruno Blüggel koordinierte die Digitalisierung der Handschriften in Greifswald.

Oberstes Gebot: Keine Beschädigungen der Bücher

Das oberste Gebot hier: Die Bücher dürfen bei der Digitalisierung nicht beschädigt werden. „Dann gibt es auch Bücher mit Buchschmuck, mit Gold. Diese Goldinitiale zu scannen, ist auf Grund der Reflektion sehr schwierig“, sagt er weiter.

Auch wellig gewordenes Pergament sei problematisch, da dieses Schatten werfe: „Man muss sehr erfahrenes Personal haben, das wirklich viel schon damit gearbeitet hat.“ Für das Einscannen der Bücher kann die Universitätsbibliothek auf Spezialscanner zurückgreifen. Drei feste Mitarbeitende und sieben studentische Hilfskräfte waren am Projekt beteiligt. „Gerade diese sind immer für längere Zeit bei uns. Oft ist die Arbeit im Digitalisierungszentrum für die Studierenden ein guter Einstieg, weil wir die Praxis mit der Theorie verbinden“, berichtet Blüggel.

Derartige Goldverzierungen in den Handschriftenbüchern macht das Einscannen dieser zur Digitalisierung schwierig.
Derartige Goldverzierungen in den Handschriftenbüchern macht das Einscannen dieser zur Digitalisierung schwierig.Anja Goritzka

Wertvolle Originale werden geschont

Die Digitalisierung der mittelalterlichen Handschriften war notwendig. „Bücher, die digitalisiert sind, müssen nicht so oft in die Hand genommen werden. Dadurch schont man die wertvollen Originale und sie werden nicht durchs Umblättern oder andere händische Arbeiten beschädigt“, sagt Bruno Blüggel. Jetzt sind die Bände weltweit zugänglich. „Jeder wissenschaftlich Interessierte kann überall, zu jeder Zeit auf diese Seite zugreifen.“ Mehrere digitalisierte Handschriften können auch nebeneinandergelegt und miteinander verglichen werden.

Bruno Blüggel von der Universitätsbibliothek Greifswald in der Bibliothek des Geistlichen Ministeriums zeigt zusammen mit Gisela Ros und Claus Wiggers ein mittelalterliches Handschriftenbuch.

xyzAlle Bände wurden im Vorgängerprojekt der „Manuscripta Mediaevalia“ registriert und katalogisiert, jedoch noch nicht digitalisiert. Die „Manuscripta Mediaevalia“ wurde im Dezember 2023 eingestellt. Die Digitalisierung der bereits katalogisierten Handschriften geschah in Greifswald erst ab 2019 in einem neuen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt.

Restaurierung und Digitalisierung

„Hier in Mecklenburg-Vorpommern gehen immer zwei Projekte Hand in Hand. Zum einen die Restaurierung der Bände, zum anderen die anschließende Digitalisierung. Da waren wir bundesweit Vorreiter“, erklärt er weiter.

Bei der Frage, welches Buch aus der Bibliothek des Geistlichen Ministeriums nun das wertvollste ist, wird der Wissenschaftler vorsichtig: „Es ist die Frage, für wen die Handschrift wertvoll ist. Wertvoll ist nur das, was die Wissenschaft auch interessiert. Hier im Dom gibt es eine Handschrift von 1250. Das ist eine Gesetzessammlung, eine Mitschrift, die bei Lesungen an der Sorbonne in Paris entstand. Paris war damals die führende Universität für Theologie. Ein Pendant dazu gibt es auch in Stralsund.“

Das Handschriftenportal (HSP) – das zentrale Online-Portal für handgeschriebene Bücher aus Mittelalter und Neuzeit – ist über www.handschriftenportal.de erreichbar.