Glühwürmchenzauber an lauen Sommerabenden

So zuverlässig wie die Zugvögel im Frühling und die Sternschnuppen im August kommen in der zweiten Junihälfte abends auch die Glühwürmchen zum Vorschein. Ein leises Naturspektakel, das zum Staunen einlädt.

Die Tage um die Sonnenwende haben ihren ganz eigenen Reiz – es ist lange hell, man sitzt draußen mit lieben Menschen zusammen und feiert die warmen Temperaturen und den beginnenden Sommer. Mitunter gesellen sich in der Dämmerung im Garten dann noch besondere Gäste dazu – Glühwürmchen. Wohl kaum jemand, der nicht ihrem Zauber erliegt.

Wer Glühwürmchen erleben möchte, kann ausschwärmen und an Waldrändern, kleinen Bachläufen oder in feuchten Wiesen nach ihnen Ausschau halten. Aber auch in naturnah gestalteten Stadtgärten kann man Leuchtkäfer der Gattung Lamprohiza splendidula beobachten. Denn in der Paarungszeit illuminieren sich die Männchen mit grünem Licht und gehen so auf Brautschau.

Besonders aktiv ist das spektakuläre Liebeswerben in der dritten Junidekade, um das Johannisfest am 24. Juni – ein Grund, warum Leuchtkäfer auch Johanniswürmchen genannt werden. Mehrere Faktoren müssen zusammenkommen, damit die männlichen Tiere an den längsten Tagen des Jahres nach Einbruch der Dunkelheit ausschwärmen: Ideal sind Abendtemperaturen über 15 Grad und feucht-warme Luft, etwa nach einem Sommerregen.

Glühwürmchen zu sehen, das “macht” etwas mit Menschen. Einige hat es auch zu poetischen Texten und Gedichten inspiriert. “Glühwürmchen ziehen mit Lampions zu einem Gartenfeste. Dort wird getrunken und gelacht. In vorgerückter Stunde tanzt dann der Abend mit der Nacht die kurze Ehrenrunde”, sinniert etwa der Dichter Erich Kästner. Petra Hebestreit formuliert ihr Erleben folgendermaßen: “Hab ein Glühwürmchen gesichtet,/ ruhte auf einem Zweig in meinem Garten./ War so wunderschön anzusehen,/ ich wollt einfach nur sitzen und warten”. Auch Elke Bräunling haben es die Leuchtkäfer angetan. In einem Rätselgedicht schreibt sie: “Zahllose Pünktchen als leuchtende Fünkchen schweben und tanzen ganz sacht wie Geisterchen hell durch die Nacht.”

Aber nicht jeder weiß, wo er die kleinen Leuchtgestalten zu Gesicht bekommen kann. Wer in und um Wiesbaden lebt, kann sich Katharina Bahn anschließen. Sie bietet seit einigen Jahren immer Ende Juni abendliche Glühwürmchenspaziergänge “mit lichtvollen Momenten – eine wunderbare Entschleunigung nach einem geschäftigen Tag”. Bei der rund fünf Kilometer langen Tour in einem Naturschutzgebiet in der Nähe der hessischen Landeshauptstadt erfahren die Teilnehmenden Wissenswertes um die Leuchtkäfer und ihren Lebensraum. Rund 20 Personen nimmt sie mit, Urlauber ebenso wie Familien und Senioren. “Viele haben Glühwürmchen in ihrer Kindheit begeistert, andere haben sie noch nie gesehen.”

Im Juni könne man sie besonders gut in der Dämmerung an Waldrändern, zwischen den Büschen oder in hohem Gras entdecken. Bahn kennt diese besonderen Orte, taucht mit ihren Gästen an Wiesen und am Waldrand in die Welt der Glühwürmchen ein. “Alle sind verzückt, wenn sie sie zwischen den Bäumen umherfliegen sehen”, sagt die Wanderführerin. Was die Menschen daran so fasziniert? “Es ist geheimnisvoll und eine so friedliche Atmosphäre, wenn in der Dunkelheit helle Lichter schweben – wie kleine Feenwolken aus einem Märchenfilm”.

Abgesehen von den magischen Momenten, die Leuchtkäfer an Sommerabenden schenken können: Glühwürmchen sind auch ein natürlicher Schneckenfeind. Besonders auf deren Larven haben sie es abgesehen, wie der Naturschutzbund NABU erklärt. Er bezeichnet sie als die “kleinen leuchtenden Helfer des Gärtners”. Wenn Ende August die Larven schlüpfen, begeben sie sich auf Schneckenjagd und haben es vor allem auf Nacktschnecken abgesehen. “Ihr Biss ist für die Schnecken giftig, die Beute wird dann innerhalb eines Tages verspeist”, erklärt Korinna Seybold vom NABU-Odenwaldkreis.

Aber auch Leuchtkäfer werden laut Seybold immer seltener, “Glühwürmchen brauchen Hilfe”. Denn um sich zu entwickeln und fortpflanzen zu können seien die Tiere unter anderem auf schattige und feuchte Stellen angewiesen. Durch die Intensivierung der Landnutzung, die zunehmende Bodenverdichtung, den Einsatz von Schneckengiften und gedüngte Kunstwiesen hätten es die kleinen Leuchttierchen immer schwerer. Lichtverschmutzung trägt laut Seybold ebenfalls zur Abnahme der Glühwürmchen bei. Helligkeit unterdrücke die Aktivität der Larven, und Männchen werden von ihr vertrieben, so dass die Weibchen vergeblich auf ein paarungsbereites Männchen warten.

Die gute Nachricht: Mit einfachen Hilfestellungen wie Asthaufen und Trockenmauern kann jeder dazu beitragen, dass Glühwürmchen wieder gute Lebensbedingungen finden – auch im heimischen Garten. Nabu-Expertin Seybold zitiert ein Sprichwort: “In einem Garten, in dem Glühwürmchen leuchten, herrscht ein guter Geist.”