Eine getötete 32-Jährige bewegt Österreich: Die Influencerin wurde von ihrem Lebensgefährten ermordet. Der Fall lenkt die Aufmerksamkeit auf Femizide. Das Problem ist in Österreich tatsächlich größer als anderswo.
“Gut heimgekommen” – so lauten die letzten bekannten Worte einer Influencerin in Österreich, verschickt an eine Freundin nach einer Weihnachtsfeier. Noch am selben Tag verschwindet die 32-Jährige spurlos. Seit Samstag ist es traurige Gewissheit: Stefanie P. ist tot. Der Fall der seit dem 23. November Vermissten nahm am Wochenende eine dramatische Wende, als ihr Ex-Partner den Mord an der jungen Frau gestand.
Die Tat sorgt über Österreichs Landesgrenzen hinweg für Schlagzeilen. Und auch für die Landespolitik hat der Fall Brisanz: Denn erst drei Tage vor dem Fund der Leiche hatte die Regierung in Wien angekündigt, Gewalt an Frauen verstärkt bekämpfen zu wollen.
“Dass das eigene Zuhause für Frauen oft genau der Ort ist, an dem sie Angst haben müssen – das dürfen wir niemals hinnehmen”, betonte Österreichs Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) diese Woche. Anlass: Der Start der jährlichen UN-Kampagne “16 Tage gegen Gewalt an Frauen”. Wie Bablers Ministerium zu Wochenbeginn mitteilte, starben in Österreich in diesem Jahr bereits 17 Frauen “durch häusliche oder partnerschaftliche Gewalt”. Im Durchschnitt bedeutet das: Ein Femizid etwa alle drei Wochen.
Damit liege Österreich im EU-Vergleich im traurigen Spitzenfeld, wie Aktivistinnen und Frauenrechtler seit Jahren aufmerksam machen. Laut Politwissenschaftlerin und Gewaltschutzexpertin Maria Rösslhumer hat die Alpenrepublik hier ein “riesengroßes Problem”: Trotz Schutzmaßnahmen und einer Vielzahl an Gesetzen steige die Gewalt gegen Frauen, wie sie nun dem österreichischen TV-Sender Puls24 erzählte. Zu den bestätigten Femiziden kommen laut dem Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) in diesem Jahr 33 Mordversuche oder Fälle schwerer Gewalt an Frauen hinzu. Unterdessen machten die Inlandsbehörden in Wien auf eine andere Statistik aufmerksam. Demnach sei die Zahl der ermordeten Frauen im Vergleichszeitraum des Vorjahres um rund ein Drittel zurückgegangen.
Am Mittwoch beschloss nun die regierende Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS ihren “Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen und Mädchen”. Das Maßnahmenpaket soll ein “gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben” für alle Frauen und Mädchen ermöglichen. Langjährige Forderungen würden in konkrete Maßnahmen gegossen, hieß es aus Wien. Konkret sieht der Plan unter anderem eine Verschärfung des Sexualstrafrechts vor. Hochrisikogewalttäter könnten bald elektronische Fußfesseln erhalten, Gewaltambulanzen sollen im ganzen Land ausgebaut werden und durch Künstliche Intelligenz missbräuchlich erzeugte Inhalte – sogenannte Deepfakes, oft mit sexuellem Inhalt – sollen ebenfalls bestraft werden.
Auch eines der umstrittensten Projekte der Dreierkoalition durfte bei der Vorstellung des Aktionsplans nicht fehlen: Ein Kinder-Kopftuchverbot an Schulen. Im Dezember soll dieses im Parlament beschlossen werden, mit Semesterbeginn 2026 dann in Kraft treten. Die Maßnahme lenkt den Blick schon dahin, wo die Regierung Hauptverantwortliche für die Gewalt vermuten. Laut Familien- und Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) würden Männer mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich oft zu Tätern. Gerade zwei Tage vor der Vorstellung hatte eine Tat in Wien die Nation schockiert: Auf offener Straße hatte ein 50-jähriger, laut österreichischen Medien aus Afghanistan stammender Vater mit einem Küchenmesser auf seine 15-jährige Tochter eingestochen. Sie erlitt lebensgefährliche Stichverletzungen im Bereich des Oberkörpers und des Halses.
Seit Tagen machen Österreichs Opposition und Frauenrechtler vermehrt auf Schwachstellen im Kampf gegen häusliche Gewalt aufmerksam. Laut Expertin Rösslhumer fehle die “richtige Umsetzung” bestehender Gesetze, “vor allem vonseiten der staatlichen Behörden”. Immer noch würden einige Frauen, die Anzeige erstatten oder sich an Einrichtungen wenden, nicht ernstgenommen. Eine Vertreterin der oppositionellen Grünen bezeichnete den neuen Aktionsplan der Regierung als “unverbindliche Mogelpackung”. Papier allein schütze niemanden.
Auch für die 32-jährige Beauty-Influencerin aus Graz kommt der Aktionsplan der Regierung zu spät. Ihre Leiche wurde am Wochenende in Slowenien gefunden – in einem Koffer, verscharrt im Wald. Zu dem Fundort führte die Aussage ihres Ex-Partners. Dieser habe nach mehrstündigem Verhör schließlich den Mord gestanden, wie die Ermittler am Sonntag bei einer Pressekonferenz von österreichischer und slowenischer Polizei bekanntgaben. “Eine solche Tat macht uns alle fassungslos”, so der Landespolizeidirektor der Steiermark, Gerald Ortner, der Familie und Freunden der Ermordeten sein Mitgefühl ausdrückte.