Gesetz soll gleichgeschlechtliche Ehen in den USA schützen

Im Parlament von Washington wird der Entwurf als „Triumph von Liebe und Freiheit“ gefeiert. Es gibt nur eine einzige Verliererin: die katholische Kirche.

Gleichgeschlechtliche Ehen – wie hier in Las Vegas – werden künftig in allen US-Bundesstaaten anerkannt
Gleichgeschlechtliche Ehen – wie hier in Las Vegas – werden künftig in allen US-Bundesstaaten anerkanntImago / ZUMA Wire

Unter den strengen Augen George Washingtons und drei Sternenbannern im Hintergrund haben die Sprecherin im US-Repräsentantenhaus Nancy Pelosi und Senatsführer Chuck Schumer Geschichte geschrieben. Die beiden Führer der Demokraten im Kongress unterzeichneten auf dem Kapitolshügel den sogenannten „Respect for Marriage Act“, der kurz zuvor die letzte parlamentarische Hürde genommen hatte. Das Gesetz erhielt im Repräsentantenhaus mit 258 zu 169 Stimmen überparteiliche Unterstützung, nachdem zuvor bereits im Senat eine Koalition aus Demokraten und Republikaner eine Mehrheit sichern konnte.

Der „Respect for Marriage Act“ gibt den Bundesstaaten zwar weiterhin die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob sie die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern erlauben. Das Gesetz dreht aber das Prinzip des von Bill Clinton 1996 unterzeichneten „Defense of Marriage Act“ (DOMA) um, das eine Ehe als Bund zwischen einem Mann und einer Frau definierte. Alle 50 Bundesstaaten müssen nun automatisch Ehen anerkennen, die – egal wo in den USA – gültig geschlossen wurden. Gleichzeitig hob der Kongress die DOMA-Gesetzgebung auf. Die Katholikin Pelosi feierte das Gesetz zum Schutz von gleichgeschlechtlichen und ethnisch gemischten Ehen als einen „glorreichen Triumph von Liebe und Freiheit“.

Nur Biden muss noch unterschreiben

Jetzt fehlt nur noch die Unterschrift des Präsidenten, damit das neue Gesetz in Kraft treten kann. Joe Biden hatte seine Unterstützung bereits zugesagt. Nach der Abstimmung im Repräsentantenhaus lobte er die Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg. Das Gesetz verschaffe Millionen nicht-heterosexuellen Menschen und gemischt-ethnischen Paaren Seelenfrieden. „Ihre Rechte sind gesichert, und sie haben Anspruch auf Schutz für sich und ihre Kinder“, so Biden.

Präsident Joe Biden muss das Gesetz noch unterzeichnen
Präsident Joe Biden muss das Gesetz noch unterzeichnenImago / ZUMA Press

Der zweite katholische Präsident der US-Geschichte hatte sich von der massiven Lobby-Arbeit der nationalen Bischofskonferenz nicht umstimmen lassen. Sie hatte seit Sommer versucht, das Gesetz zu verhindern. In einem gemeinsamen Brief hatten die für das Thema zuständigen Bischöfe Robert Barron und Kardinal Timothy Dolan „eine Kurskorrektur dieses schädlichen Gesetzes“ verlangt.

Die katholischen Bischöfe der USA sprechen sich nicht nur gegen die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen aus; sie fürchten zudem Sanktionen gegen ihre Kirche. Diese könnten in Form von Strafen oder der Aufhebung von Steuervorteilen kommen, wenn sie gleichgeschlechtlichen Paaren und ihren Kindern bestimmte Leistungen vorenthalten.

Ausnahmen für Religionsgemeinschaften

Tatsächlich sieht das Gesetz Ausnahmen für Religionsgemeinschaften vor. Rechtsexperten wie Douglas Laycock von der University of Virginia Law School halten diese für ausreichend, die Rechte der Kirchen zu schützen. Das erklärt auch, warum unter anderen die konservativen Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) dem Kompromiss zugestimmt haben. Die katholische Kirche in den USA stehe sich selbst im Weg, so Experte Laycock.

Diese Ansicht vertritt auch der Leiter der Organisation New Ways Ministry, Francis DeBernardo, in der sich nicht-heterosexuelle Katholiken organisiert haben. Die Bischofskonferenz setze „falsche Prioritäten“, sagte DeBernardo dem Magazin „National Catholic Reporter“. Sie versuchten, „Schlachten zu schlagen, die sie längst verloren haben“.

Fröhliche Beerdigung

Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Gallup illustrieren den Einstellungswandel in der US-Gesellschaft. Während bei der Unterzeichnung der DOMA-Gesetze 1996 noch etwas mehr als ein Viertel der Bürger (27 Prozent) gleichgeschlechtliche Ehen unterstützte, hat sich das Verhältnis mit 71 Prozent Zustimmung heute fast umgedreht. Das Oberste Gericht hatte 2015 in seinem Grundsatzurteil „Obergefell v. Hodges“ das Recht auf eine gleichgeschlechtliche Ehe anerkannt.

Äußerungen des konservativen Richters Clarence Thomas nach dem Abtreibungsurteil des Supreme Court vom Juni hatten viele Kongressabgeordnete in Alarmstimmung versetzt. Der Richter suggerierte, das Oberste Gericht könnte sich noch einmal mit der gleichgeschlechtlichen Ehe beschäftigen. Die lesbische Senatorin Tammy Baldwin aus Wisconsin, die federführend am „Respect of Marriage Act“ mitwirkte, sagte nun nach der Feierstunde im Kapitol, die Gefahr eines Eingriffs durch das Oberste Gericht sei gebannt. Man könne nun „Millionen liebender Paare“ beruhigen.

Der pensionierte Abgeordnete Barney Frank, der sich als einer der ersten offen zu seiner Homosexualität bekannt hatte, tauchte überraschend bei der Unterzeichnung auf. Er sei bei der Geburt von DOMA dabei gewesen und trage das Gesetz nun mit zu Grabe. Das sei ein wenig wie in New Orleans, meinte er: „Dort sind Beerdigungen eine fröhlichere Angelegenheit als die Geburt.“