Mehrheit im US-Kongress für „Ehe für alle“ gilt als sicher

Ein landesweit gültiges Schutzgesetz für gleichgeschlechtliche Ehen könnte bald in kraft treten. Eine Mehrheit im Repräsentantenhaus scheint sicher – zum Unbehagen der katholischen Kirche.

Der US-Kongress will grünes Licht für gleichgeschlechtliche Ehen geben
Der US-Kongress will grünes Licht für gleichgeschlechtliche Ehen gebenImago / Future Image

Washington. Die katholischen US-Bischöfe haben nichts unversucht gelassen. Wiederholt und eindringlich warnten sie seit Monaten davor, das geplante Gesetz zum Schutz der gleichgeschlechtlichen Ehe zu verabschieden. Zuletzt in einem gemeinsamen Brief an die Mandatsträger im Kongress.

„Die katholische Kirche wird immer die einzigartige Bedeutung der Ehe als lebenslange, exklusive Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau aufrechterhalten“, heißt es in dem Schreiben des für das Thema zuständigen New Yorker Kardinals Timothy Dolan.

Hürde genommen

Der Einwand blieb ungehört. Mit 61 zu 36 nahm der „Respect for Marriage Act“ kürzlich im Senat eine entscheidende Hürde. Zwölf Republikaner stimmten mit den Demokraten. Damit gelangt das Gesetz nun in dieser Woche ins Repräsentantenhaus, wo die regierenden Demokraten noch bis Januar eine Mehrheit haben. Danach soll es zur Unterzeichnung auf dem Schreibtisch von Präsident Joe Biden landen, um Rechtskraft zu erlangen.

Gesetz aus Clintons Zeit

Damit würde der „Defense of Marriage Act“ von 1996 abgelöst. Das vom damaligen Präsidenten Bill Clinton unterzeichnete Gesetz definierte die Ehe auf Bundesebene als Verbindung zwischen Mann und Frau. Es bot konservativ geprägten Bundesstaaten die Möglichkeit, „Homo-Ehen“ nicht anzuerkennen, die in anderen Staaten geschlossen wurden. Der neue Entwurf kehrt das Prinzip um und verpflichtet alle Gliedstaaten zur wechselseitigen Anerkennung.

Die überparteiliche Senatsentscheidung ist das Resultat langer Debatten und nicht zuletzt einer jahrelangen gesellschaftlichen Entwicklung in den USA. Hunderttausende Menschen leben dort inzwischen in einer gleichgeschlechtlichen Ehe und haben ein Bedürfnis nach Rechtssicherheit. Der „Respect for Marriage Act“ soll dem Rechnung tragen.

Richter gab Anstoß

Die federführenden Demokraten verdanken diesen politischen Coup keinem Geringeren als Clarence Thomas. Der konservative Richter am Supreme Court hatte nach dem Kippen der jahrzehntelang gültigen liberalen Rechtsprechung zur Abtreibung Ende Juni durchblicken lassen, dass noch weitere Themen auf den Prüfstand gelangen könnten; darunter Empfängnisverhütung und „Homo-Ehe“.

Das alarmierte eine überparteiliche Gruppe mehrerer Senatoren, die noch vor den Zwischenwahlen Anfang November ein Schutzgesetz auf den Weg bringen wollten. Als Hürde erwiesen sich Bedenken einiger religiös-konservativer Republikaner, die die Religionsfreiheit durch das Vorhaben gefährdet sahen. Es folgte eine überarbeitete Version, die unter anderem kirchliche Organisationen vor Nachteilen schützt, sollten sie die „Homo-Ehe“ nicht anerkennen wollen.

Kirche mit Kurswechsel

Rückendeckung bekam die Initiative nicht zuletzt durch einen Kurswechsel der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Die Mormonen wollen zwar an ihrem traditionellen Ehe-Bild zwischen Mann und Frau festhalten, machten aber politisch den Weg für das Gesetz frei, weil sie im veränderten Entwurf die Religionsfreiheit gewahrt sehen. Damit bekam der Senator und prominente Mormone Mitt Romney aus dem Bundesstaat Utah die Möglichkeit, ebenfalls für die Vorlage zu stimmen.

Was Joe Biden sagt

Anders die Haltung der katholischen Kirche in den USA, die in dem Gesetz nicht nur eine Bedrohung für die traditionelle Ehe sieht. Der „Respect for Marriage Act“ öffnet auch die Tür zu einer Legalisierung der Polygamie, so die Bischöfe. Damit argumentieren sie auf einer Linie mit vielen evangelikalen Gemeinschaften, aber im Widerspruch zur Mehrheit der US-Bevölkerung. Noch Mitte der 1990er-Jahre unterstützten laut dem Institut Gallup gerade einmal 27 Prozent eine Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Inzwischen sprechen sich mehr als sieben von zehn US-Amerikanern dafür aus.

Zu jenen, die schwule und lesbische Ehen rechtlich stärken wollen, zählt auch Amerikas prominentester Katholik Joe Biden. Der US-Präsident signalisierte nach der Abstimmung im Senat, dass es an seiner Unterschrift nicht scheitern werde. „Liebe ist Liebe“, erklärte Biden. „Und deshalb sollten die Amerikaner das Recht haben, die Person zu heiraten, die sie lieben.“ (KNA)