„Geschenk für Erdogan“: Streit um Moschee-Bau in Wuppertal

Am 6. März entscheidet der Stadtrat über den Abriss des Autonomen Zentrums in Wuppertal. Auf dem geplanten Bauareal soll ein neues Islamisches Zentrum errichtet werden. Es drohen massive Proteste.

In Wuppertal soll eine neue Moschee gebaut werden (Symbolbild)
In Wuppertal soll eine neue Moschee gebaut werden (Symbolbild)Imago / Panama Pictures

Im Jargon der Stadtplaner dürfte das Quartier an der Gathe in Wuppertal wohl als „Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf“ bezeichnet werden. An der Einfallstraße von der A 46 in Richtung Elberfelder Innenstadt liegen Wettbüros, Döner-Imbisse, Frisörläden, Fitnessstudios, Tattoo-Studios und Kneipen. Leicht übersehen wird dabei das Gemeindezentrum der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), das sich dort befindet.

Die Elberfelder Ditib möchte nach eigenen Angaben etwas für die Aufwertung des Stadtteils und die Integration im Viertel tun und plant für 30 Millionen Euro den Neubau des Gemeindezentrums. Auf einem etwa 6.000 Quadratmeter großen Gelände gegenüber dem jetzigen Standort sollen unter anderem eine Moschee, eine Kita sowie Wohnhäuser für Seniorinnen und Senioren sowie für Studierende entstehen.

Planungen laufen bereits seit 2009

Die Planungen für den Bau laufen bereits seit dem Jahr 2009, die Stadtverwaltung steht grundsätzlich hinter den Plänen, wohl wissend, dass die Ditib aufgrund ihrer Nähe zum türkischen Staat umstritten ist. Allerdings gibt es seit Jahren ein Problem, das den Umzug der islamischen Gemeinde im Kern verhindert: Auf dem geplanten Bauareal befindet sich ein Autonomes Zentrum (AZ). Die Autonomen, die über Submietverträge das Gebäude der Stadt nutzen, lehnen einen Umzug bislang vehement ab. Weil für den 6. März im Stadtrat eine Grundsatzentscheidung zum Neubau des islamischen Zentrums ansteht, machen sie nun verstärkt mobil.

Dabei spielen die Autonomen vor allem die Karte „Ditib“ und wenden sich gegen das „Wahlkampfgeschenk für Erdogan“. Offenbar sei den „politisch Verantwortlichen der Stadt Wuppertal jegliches Problembewusstsein der Ditib abhandengekommen zu sein“, erklärte das AZ Anfang Februar. Das „Aufmotzen“ der Gathe mit einer Millionensumme werde „an den dringenden Problemen der meisten Menschen an und rund um die Gathe wenig bis gar nichts ändern“.

Kritisiert wird zudem, dass die Suche nach einem Alternativstandort für das AZ durch die Stadt verschleppt werde. „Ein ernsthaftes Angebot der Stadt fehlt noch“, sagte Daniel im Namen des AZ dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das AZ wehre sich gegen den Zwang zum Umzug. Sollte die Stadt darauf bestehen, werde man für „massive Proteste sorgen“.

Stadtverwaltung setzt auf Dialog und rhetorische Abrüstung

Die Stadtverwaltung setzt auf Dialog und rhetorische Abrüstung. Es gehe darum, einen „Spagat“ zu finden, erklärt der Wuppertaler Sozialdezernent Stefan Kühn. Der Wunsch der Ditib-Gemeinde nach einem neuen Zentrum sei berechtigt, zugleich wolle man auch für das AZ einen neuen Standort finden, betont der SPD-Politiker.

Den Vorwurf, man unterstütze mit dem Vorhaben den türkischen Islamismus in Deutschland, lässt Kühn nicht gelten: Zu der Ditib-Gemeinde vor Ort habe man „ein vertrauensvolles Verhältnis“. In das geplante Bauvorhaben fließe kein Geld der türkischen Regierung. Die jüngste Kritik der AZ-Vertreter bezeichnet der Sozialdezernent als „unangemessen“. Gleichwohl gibt es unter Islamexperten durchaus Kritik an einem zu wohlwollendem Umgang der Kommunen mit den lokalen Ditib-Gemeinden, so wird den Städten etwa „Naivität“ vorgeworfen.

Mehrheit der Bezirksvertretung gegen das Ditib-Vorhaben

Mittlerweile steht das AZ Wuppertal mit der Kritik an dem Bauprojekt nicht mehr allein da. Bei einer Abstimmung über das Bauvorhaben sprach sich eine Mehrheit der Bezirksvertretung Elberfeld gegen das Ditib-Vorhaben aus – lediglich die SPD unterstützte das Projekt. Bei der Abstimmung handelt es sich aber nur um eine Empfehlung, die für den Stadtrat nicht bindend ist.

Bei der Sitzung des Stadtrates am 6. März wird mit einer Zustimmung für die Pläne gerechnet. Allerdings sprach sich etwa eine Quartiersinitiative für den Erhalt des AZ-Standortes aus, der Bund Deutscher Architekten in Wuppertal forderte einen Gestaltungswettbewerb.

„Ideologische Dinge“ würden vorgeschoben

Frustriert ist man inzwischen in der Elberfelder Ditib-Gemeinde. „Die Politiker hier kennen uns doch schon seit Jahren“, sagt Gemeindevorstand Mustafa Temizer. In der Diskussion um den Neubau würden „ideologische Dinge“ vorgeschoben, um das Vorhaben zu torpedieren. Dabei sei man unabhängig von der Türkei, sagt er. Die Gemeinde repräsentiere einen nach deutschem Recht gegründeten Verein und leiste – in Abstimmung mit dem Dachverband der Ditib – wichtige Integrationsarbeit vor Ort. Für das Bauvorhaben würden keine staatlichen Gelder aus der Türkei fließen, die Investitionssumme von 30 Millionen Euro solle durch Spenden und durch Partner finanziert werden, die sich in das Projekt einkaufen.

Die Verantwortlichen im Autonomen Zentrum mobilisieren derweil ihrer Unterstützer. Am 6. März wollen die AZ-Anhänger ins Rathaus kommen und die Abstimmung im Stadtrat verfolgen. Und für Ende April lädt das Zentrum unter dem Motto „AZ Wuppertal bleibt an der Gathe“ zu einem „wilden Tanz-Kampf-Wochenende“ ein. Dann soll auch das 50-jährige Bestehen des Zentrums gefeiert werden – mit einem standesgemäßen Abschluss zum 1. Mai.