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Gerichtsverfahren für Kiewer Kirchenverbot wegen Moskau-Treue läuft

Wird das Hauptstadtbistum der Ukrainischen Orthodoxen Kirche aufgelöst? Das muss jetzt ein Gericht in Kiew entscheiden. Der Kirche wird Nähe zu Russland vorgeworfen.

Wegen mutmaßlicher Verbindungen zum Kriegsgegner Russland droht der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) eine Zwangsauflösung ihres zentralen Leitungsorgans. Vor einem Verwaltungsgericht in Kiew begann am Donnerstag auf Antrag der zuständigen ukrainischen Religionsbehörde ein Verbotsverfahren gegen die Kiewer Metropolie der UOK. Ein Vertreter der Kirche wies zum Prozessauftakt alle erhobenen Vorwürfe zurück und erklärte, es gebe keine rechtswidrigen Beziehungen zum orthodoxen Moskauer Patriarchat.

In der Ukraine sind seit mehr als einem Jahr allen Glaubensgemeinschaften Verbindungen nach Russland per Gesetz untersagt. Dies wird mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine begründet. Auf der Grundlage des “Gesetzes über den Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung im Tätigkeitsbereich religiöser Organisationen” geht der “Staatsdienst für Ethnopolitik und Gewissensfreiheit” gegen die UOK vor.

Diese gehörte traditionell zum orthodoxen Moskauer Patriarchat und sagte sich erst Ende Mai 2022, drei Monate nach der Invasion der russischen Armee, von diesem los. Die Behörde beschuldigt die Kirche jedoch, nicht vollständig mit Moskau gebrochen zu haben, obwohl der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. den Angriffskrieg unterstützt.

Ein mögliches Tätigkeitsverbot für die Kiewer Metropolie wäre ein schwerer Schlag für die Kirche. Die klagende Behörde versicherte im Vorfeld des Prozesses jedoch, alle Pfarreien könnten im Fall der Auflösung der Metropolie als unabhängige Kirchengemeinden fortbestehen. Auch die Religionsausübung sei weiter garantiert. Beobachter gehen von einem langwierigen Rechtsstreit aus. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts könnte bei einer höheren Gerichtsinstanz angefochten werden.

Mehr als 60 Prozent der ukrainischen Bevölkerung bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainischen Orthodoxen Kirche oder der dezidiert nationalen Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU).

Die OKU wurde Ende 2018 mit Hife des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., und der Staatsführung gegründet. Sie ging wesentlich aus dem Kiewer Patriarchat hervor, das schon Anfang der 90er Jahre in Abgrenzung zu Moskau entstanden war. Die Regierung und Kommunen unterstützen die OKU.

Gerichte verurteilten nach Kiewer Angaben bislang mehr als 30 Priester der UOK wegen Landesverrats, Spionage für Russland oder Anstiftung zu Feindseligkeiten. Präsident Wolodymyr Selenskyj entzog überdies dem Oberhaupt der UOK, Metropolit Onufrij, Anfang Juli die ukrainische Staatsbürgerschaft. Der gebürtige Ukrainer Onufrij soll 2002 die russische Staatsbürgerschaft angenommen und dies gegenüber ukrainischen Behörden verheimlicht habe, so die Begründung. Der UOK wurde auch bereits eine Reihe von Gotteshäusern genommen, darunter ein Teil des berühmten Höhlenklosters in Kiew.