Gericht: „Sozialwidriges Verhalten“ kein Grund für hohe Rückzahlung

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hält die Rückzahlungsforderungen eines Jobcenters in Höhe von rund 51.000 Euro bei einem Langzeitarbeitslosen für nicht gerechtfertigt.

Richterhammer und Stempel mit Soforthilfe und Rückzahlung (Symbolbild).
Richterhammer und Stempel mit Soforthilfe und Rückzahlung (Symbolbild).Imago / Steinach

Jobcenter können laut einer Entscheidung des Landessozialgerichte Niedersachsen-Bremen Grundsicherungsleistungen auch bei „sozialwidrigem Verhalten“ des Empfängers nur begrenzt zurückfordern. Das Gericht entschied zugunsten eines heute 28-jährigen ungelernten Langzeitarbeitslosen aus Salzgitter, wie ein Sprecher in Celle mitteilte. Der Mann bezieht seit vielen Jahren Grundsicherungsleitungen. Weil er 2012 seinen Ausbildungsplatz wegen wiederholten unentschuldigten Fehlens am Arbeitsplatz verlor, wollte das Jobcenter Leistungen von ihm zurückfordern (AZ: L 11 AS 346/22).

Das Jobcenter hatte zeitnah wegen des Ausbildungsabbruchs eine Kürzung der Leistungen um 30 Prozent verfügt, hieß es. Darüber hinaus verlangte es später die Rückzahlung der über mehrere Jahre gewährten Grundsicherungsleistungen von rund 51.000 Euro. Der Mann habe seine Hilfebedürftigkeit grob fahrlässig herbeigeführt und müsse die Leistungen wegen „sozialwidrigen Verhaltens“ erstatten, argumentierte das Jobcenter. Mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Elektroniker hätte er sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt gehabt.

Gericht: Grundsätze der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen

Das Landessozialgericht sah zwar in dem Ausbildungsabbruch ein „sozialwidriges Verhalten“. Doch mehr als dreieinhalb Jahre später könne dies nicht mehr als Grund für den Leistungsbezug gesehen werden, entschieden die Richter. Bei einem „unkooperativen, schwer vermittelbaren Arbeitslosen“ gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass er mit einem regulären Berufsabschluss durchgängig gearbeitet hätte. Junge Menschen brächen häufig eine Ausbildung ab. Es widerspreche den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Forderns und Förderns, wenn eine solche „Jugendsünde“ zu erheblichen Ersatzansprüchen führe, die jegliche Erwerbsperspektive zerstörten.