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Geld für Einreiseverzicht – Vorstoß für Afghanen wird kritisiert

Geld und Unterstützung, dafür keine Einreise nach Deutschland – Die Bundesregierung will das festgefahrene Aufnahmeverfahren für Afghanen offenbar anders lösen. Das sorgt für scharfe Kritik.

Die Bundesregierung bietet afghanischen Staatsbürgern offenbar Geld und Sachleistungen an, wenn sie auf die Einreise nach Deutschland im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms verzichten. Das geht aus einer E-Mail der Afghanistan-Pakistan-Taskforce der staatlichen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hervor, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vorliegt. Zunächst hatte am Dienstag die “Welt” berichtet.

Demnach können die Betroffenen eine einmalige Zahlung von bis zu 2.500 Euro vor der Ausreise oder 10.000 Euro nach der Ausreise erhalten – etwa bei einer Rückkehr nach Afghanistan oder in Einzelfällen bei einer Weiterreise in einen Drittstaat. Auch würden Sachleistungen wie medizinische Betreuung, Unterkunft oder Verpflegung für mehrere Monate sowie logistische Hilfe bei der Ausreise aus Pakistan angeboten.

Ziel sei es, das seit Monaten festgefahrene Programm zu entlasten, hieß es. “Die aktuelle Lage in Pakistan setzt der abschließenden Prüfung eine zeitliche Grenze. Die hiesigen Verfahren müssen bis Jahresende 2025 vollständig abgeschlossen sein. Leider ist nicht garantiert, dass alle Verfahren rechtzeitig abgeschlossen werden können”, heißt es in der GIZ-Mail.

Wer das Angebot annehme, scheide endgültig aus dem Aufnahmeprogramm aus. Eine Inanspruchnahme sei nur für alle Personen aus dem vorliegenden Fall möglich, etwa Familienmitglieder. Betroffen seien afghanische Staatsbürger, die seit teilweise zwei Jahren in Pakistan auf ihre Ausreise warten. Viele von ihnen besäßen bereits eine Aufnahmezusage für Deutschland, erhielten aber bislang kein Visum oder hätten die Stornierung bereits erteilter Visa hinnehmen müssen.

Die Hilfsorganisation Medico International kritisiert die Maßnahme. “Mit dem Schreiben nutzt die Bundesregierung die desaströse humanitäre wie finanzielle Situation der Antragstellerinnen und Antragsteller schamlos aus”, sagte Geschäftsführer Tsafrir Cohen dem RND. Die Betroffenen hätten nach einem langwierigen Prüfverfahren eine Aufnahmezusage erhalten, weil die Bundesregierung sie als gefährdet eingestuft habe, sagte Cohen. “Und genau deswegen benötigen sie sofortigen Schutz, den ihnen die Bundesregierung mit einer Aufnahmezusage für Deutschland zugesichert hatte.”

In mehreren Einzelfällen hatten Gerichte zuletzt angeordnet, die Einreise umgehend zu ermöglichen. Unterdessen kommen weiterhin Afghanen über das Bundesaufnahmeprogramm in Deutschland an – so auch am Dienstag in Hannover.