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Gegen Missbrauch von Kindern – Beauftragte sieht Länder gefordert

Ansprechpersonen für minderjährige Missbrauchsopfer sollen in allen Ländern installiert werden. Dafür wirbt die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus. Rheinland-Pfalz hat am Donnerstag vorgelegt.

Die unabhängige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, fordert die Bundesländer auf, nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz zentrale Ansprechpersonen für minderjährige Missbrauchsopfer zu benennen. Das Bundesland hat am Donnerstag nach eigener Darstellung als erstes Land die Stelle einer oder eines unabhängigen Beauftragten gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen gesetzlich festgelegt. Vize-Ministerpräsidentin und Familienministerin Katharina Binz (Grüne) sprach von einer bundesweiten Vorreiterrolle. Es gelte, für Betroffene Hürden zu senken, um ihr Leid mitteilen zu können.

“Mit der neuen Stelle zeigt Rheinland-Pfalz vorbildlich, dass konsequente Prävention sexualisierter Gewalt unverzichtbar und langfristig günstiger ist als spätere Intervention oder Nachsorge”, erklärte Kerstin Claus auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Auch in Nordrhein-Westfalen sei eine solche unabhängige Person bereits gesetzlich verankert. Kinder und Jugendliche bräuchten starken Schutz vor Ort – dafür müssten Strukturen auf Bundes- und auf Länderebene weiter gestärkt werden.

“Weitere Länder sollten dringend folgen, damit flächendeckend Schutz und Hilfen qualitätsgesichert überall in Deutschland ein starkes politisches Mandat haben”, so die Beauftragte weiter. “Meinem Amt fehlten bisher politisch mandatierte Ansprechpartner, mit denen wir unsere Arbeit ressortübergreifend koordinieren können.”

Ein solches Mandat erfolgte im rheinland-pfälzischen Landtag einstimmig. Das von der Ampel-Regierung vorgelegte Gesetz fand den Zuspruch sämtlicher Fraktionen, worauf unter anderem die FDP-Abgeordnete Cornelia Willius-Senzer (FDP) verwies und von einem ersten Schritt für mehr Prävention, Transparenz und Schutz sprach. “Ihr seid nicht allein – wir hören euch”, sagte sie, an Betroffene gerichtet.

Nach Angaben der Ministerin gab es alleine in diesem Bundesland im vergangenen Jahr 790 polizeilich registrierte Fälle von Missbrauch Minderjähriger. Diese Zahl schockiere, aber das sei lediglich das bekannte Hellfeld, betonte sie im Landtag. “Fast 13 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland waren in ihrer Kindheit oder Jugend betroffen von sexualisierter Gewalt.”

Die Arbeit der oder des künftigen Beauftragten wird laut Gesetzentwurf der Landesregierung durch einen unabhängigen Landesbetroffenenrat begleitet. “Über das Amt der Landesbeauftragtenstelle nimmt der Landesbetroffenenrat eine Beratungsfunktion gegenüber der Landesregierung wahr”, heißt es dort.

Mit der Schaffung der Beauftragten-Stelle wird eine zentrale Forderung aus insgesamt 40 Handlungsempfehlungen eines Pakts gegen sexualisierte Gewalt umgesetzt. Daran beteiligten sich fast 200 Personen. Das Papier mit den Inhalten des Pakts wurde im Herbst 2024 der Landesregierung übergeben.

Mit der Beauftragten-Stelle sollen etwa Maßnahmen des Landes zu Prävention, Intervention und Nachsorge bei sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen stärker koordiniert werden. Die CDU forderte im Rahmen der Gesetzesverabschiedung zudem eine Stärkung der Jugendämter und die Einrichtung weiterer Kinderschutz-Einrichtungen.