Gauck wirbt für besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hat sich für einen besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz ausgesprochen. In Polen, Ungarn, Israel und den USA habe sich gezeigt, dass Regierungen als erste Institutionen die höchsten Gerichte in ihr „autoritäres System“ einzubauen trachteten, sagte Gauck laut Redemanuskript am Mittwochabend in Stuttgart. Der Altbundespräsident sprach bei einer Festveranstaltung des baden-württembergischen Landtags zu 75 Jahren Grundgesetz.

Der in Artikel 1 des Grundgesetzes geforderte Schutz der Menschenwürde ist laut Gauck als Fundament der Grundrechte in Deutschland zu verstehen. „Kein Mensch darf einem staatlichen Zwang ausgesetzt und etwa zur Annahme einer sozialistischen, rechtsextremistischen oder islamistischen Ideologie gezwungen werden oder für ‘falsches’ Denken und Handeln bestraft oder ‘umerzogen’ werden – und sei es im Namen des angeblich Guten“, sagte er. Es sei ein Kennzeichen menschenunwürdigen Verhaltens, wenn Menschen hilflos der Macht ausgeliefert seien wie der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny und die Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi im Iran.

Der Ex-Bundespräsident zeigte auch die Grenzen der Verfassung auf: Sie könne weder verhindern, dass autoritäre Politiker durch Wahlen an die Macht kommen, noch dass parlamentarische Mehrheiten demokratische Prinzipien aushöhlen. Die jüngsten Demonstrationen in Deutschland für die Demokratie hätten ihm gezeigt, dass sehr viele Bürger ihren Auftrag verstanden hätten. Die Demokratie sei „die beste Regierungsform, die wir kennen, und weltweit Zufluchts- und Sehnsuchtsziel der Unterdrückten“, sagte Gauck. (0982/09.05.2024)