„Fußball und Erinnerung“ widmet sich Fußball im Nationalsozialismus

Parallel zur Fußball-EM gibt es vielerorts Ausstellungen, die sich dem Fußball im Nationalsozialismus widmen. In Hamburger Mahnmal St. Nikolai dreht es sich um die Geschichte der örtlichen Vereine.

Paula Scholz betreut die Ausstellung „Hamburger Fußball im Nationalsozialismus“.
Paula Scholz betreut die Ausstellung „Hamburger Fußball im Nationalsozialismus“.Marieke Lohse

„Wenn der Fußball Erinnerungskultur macht, wird es gesehen“, sagt Paula Scholz. Schließlich findet der Sport „nie im luftleeren Raum statt, er ist immer mit gesellschaftlichen Bedeutungen aufgeladen“. Und hat damit auch eine Verantwortung.

Scholz arbeitet in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme daran, Fußball mit Erinnerungskultur zu verbinden. Zudem betreut sie die Ausstellung „Hamburger Fußball im Nationalsozialismus“, die parallel zur Fußball-Europameisterschaft der Männer noch bis zum 14. Juli im Hamburger Mahnmal St. Nikolai gezeigt wird.

Aktionen und Ausstellungen zur EM

Die Ausstellung ist Teil der Reihe „Fußball und Erinnerung“, die begleitend zur EM von der DFB-Kulturstiftung in Zusammenarbeit mit dem World Jewish Congress erstellt wurde. Sie beinhaltet verschiedene Aktionen und Ausstellungen sowohl an den Spielstätten der EM als auch an Erinnerungsorten und will Verknüpfungen zwischen Fußball und Nationalsozialismus aufzeigen. Dabei gedenkt sie auch der während des Nationalsozialismus ermordeten und vertriebenen jüdischen Spieler und Funktionäre.

Beteiligt sind unter anderen die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen, der Gedenkort Augustaschacht in Hasbergen oder eben das Mahnmal St. Nikolai in Hamburg.
Dort „geht es auch um die Geschichte vor 1933 und den Arbeitersport“, sagt Paula Scholz. Denn in den 1920er-Jahren entwickelte sich der Fußball zum Massenphänomen, die Strukturen waren aber längst nicht so gefestigt wie heute. „Vor 1933 war Fußball anders als heute nicht unter einem Dach organisiert. Es gab bürgerlichen Fußball, der im Deutschen Fußballbund organisiert war, und aus der Arbeiterbewegung heraus auch Arbeiterfußball, der immer auch politisch auftrat.“

Vereinsführer und Mitläufer

Fußball war für die Nationalsozialisten ein wichtiger Sport. Über ihn konnte man die Massen erreichen. Es war der im DFB organisierte vermeintlich unpolitische Fußball, der ab 1933 die Oberhand bekam. Auch weil dieser weiter auf Amateure setzte, die auch bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin spielen sollten. Ein Propagandaerfolg war geplant, der allerdings nichts wurde, weil die Nationalmannschaft bereits im Viertelfinale gegen Norwegen ausschied.

Viele Vereine stellten sich schnell auf die neuen Machthaber ein, darunter auch solche, die sich heute deutlich gegen Rechts positionieren. Werder Bremen zum Beispiel benannte schon im Mai 1933 den 1. Vorsitzenden in „Vereinsführer“ um. 1934 wurde jüdischen Jugendspielern mitgeteilt, dass sie nicht mehr Mitglied sein durften.

Fußball ist auch in der Erinnerungskultur wichtig

Auch der FC St. Pauli, heute der wahrscheinlich am entschiedensten gegen rechte Umtriebe eintretende Verein der Bundesliga, passte sich den Machthabern an und profitierte in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg von den unter Nazis geknüpften Verbindungen.

Viele Vereine und auch der DFB haben sich der Vergangenheit inzwischen gestellt und arbeiten sie auf verschiedene Weise auf. Werder Bremen hat ein Buch veröffentlicht, in dem die Geschichte des Vereins im Nationalsozialismus und die Lebenswege jüdischer Vereinsmitglieder nachgezeichnet werden, der Hamburger Sportverein und der FC St. Pauli widmen der Erinner­ung an die Nazizeit eigene Abteilungen im Vereinsmuseum.

Über den Sport erreicht man neue Besuchergruppen

Auch beim DFB hat man erkannt, dass Erinnerungskultur wichtig ist. Das von ihm betriebene Deutsche Fußballmuseum erinnert auch online in einer multimedialen Präsentation an bedeutende jüdische Spieler und Funktionäre.

Für Paula Scholz ist es wichtig, dass umgekehrt die Stätten der Erinnerungskultur vor dem Fußball nicht haltmachen. Über den Sport erreicht zum Beispiel das KZ Neuengamme neue Besuchergruppen. „So sprechen wir Gruppen an, die mit einem Fußballinteresse kommen, weil sie selber Fußball spielen, Fans sind oder einen Sport-Leistungskurs in der Schule belegen“, sagt sie.

Vollständiges Programm unter: www.footballandremembrance.com

Eine Online-Ausstellung im Deutschen Fußballmuseum gibt es unter: www.fussballmuseum.de