Fundis oder Fromme?
In der Diskussion um den umstrittenen charismatischen Glaubenskongress UNUM24 hat sich der evangelische Landesbischof von Sachsen, Tobias Bilz, zu Wort gemeldet. „Ich habe in Dresden in einem Queer-Gottesdienst gepredigt und mit Glaubensgeschwistern im schwul-lesbischen Stammtisch die Bibel gelesen“, sagte Bilz auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) am Dienstag: „Das ist für mich genauso wichtig wie der Besuch bei UNUM24.“ Zu dem viertägigen Treffen vom 20. bis 24. Juni in der Münchner Olympiahalle erwarten die Veranstalter 5.000 Menschen.
Kritiker des charismatischen Glaubenskongresses werfen den Veranstaltern vor, sich als „harmlose Glaubenskonferenz“ zu tarnen, tatsächlich aber „gemeinsam mit nationalistisch-rechten, christlich-fundamentalistischen Gruppen (…) für eine Veränderung unseres Landes hin zu einem christlich dominierten Staat“ zu beten, heißt es in einer Mitteilung des Bündnisses #NoUNUM24. Dem Bündnis gehört auch der Christopher Street Day (CSD) an, der an diesem Wochenende seine große Parade in München veranstaltet. Für Freitagnachmittag ruft das Bündnis zu einer Protestaktion auf dem Olympiagelände auf.
Die Kritik richtet sich vor allem gegen den Hauptredner der UNUM24: Der charismatische Prediger Bill Johnson ist Gründer der Bethel Church in Kalifornien/USA und gilt als erzkonservativer Theologe, der gleichgeschlechtliche Partnerschaft, Abtreibung und offene Grenzen ablehnt. #NoUNUM24 bezeichnete es auf seiner Homepage als „erschreckend“, dass auch landeskirchliche Bischöfe wie Bilz oder der Bischof des Bistums Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, an dem Kongress teilnehmen und „damit gemeinsame Sache mit rechten christlichen Fundamentalisten machen“.
Bilz erklärte wiederum, er sei mit Timmerevers als Prediger beim Abschlussgottesdienst am Sonntag (24. Juni) eingeladen und werde in der Olympiahalle über die Sehnsucht nach Gottes Gegenwart predigen. Als Mit-Initiator der Aktion „Deutschland betet gemeinsam“, die immer am 3. Oktober an die Friedliche Revolution und den Mauerfall erinnert, sei es für ihn „etwas Besonderes, mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Kirchen gemeinsam zu beten“, sagte Bilz.
Als Rats-Mitglied der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sei er auch Vertreter im Kontaktgesprächskreis mit der „Vereinigung Evangelischer Freikirchen“. Dabei spiele auch der Kontakt zu den Pfingstkirchen eine wichtige Rolle. Die EKD betone dabei das Gemeinsame und habe im vergangenen Jahr eine Vereinbarung über Predigttausch und Kanzelgemeinschaft unterzeichnet. „Für uns als klassische Kirchen stellt sich die Frage, ob und wie wir mit den Einflüssen der weltweiten Pfingstbewegung umgehen wollen“, erklärte Bilz. Was von der Dynamik der Pfingstkirchen „für unsere schrumpfenden Kirchen wünschenswert“ sei und an „welchen Stellen wir vorsichtig sein sollten“, darüber denke er „mit vielen anderen in der Evangelischen Kirche intensiv nach“.
Die Veranstalter der UNUM24 wiesen den Vorwurf, für einen „christlichen Gottesstaat“ zu beten, auf epd-Anfrage am Dienstag als „abstruse Behauptung“ zurück. Die viertägige Konferenz habe seit 2021 coronabedingt immer wieder verschoben werden müssen. Man sei nicht wegen des Christopher Street Day, sondern „wegen unseres Glaubens“ in der Stadt und überzeugt, dass „in einer weltoffenen Stadt wie München“ Veranstaltungen wie „die UNUM24, ein Konzert von Andreas Gabalier, die Fußball-EM und der CSD gleichzeitig stattfinden können, ohne sich gegenseitig in die Quere zu kommen“.
Man lade alle Kritiker sowie die dritte Münchner Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) zum Gespräch ein, um die Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Dietl hatte zuvor laut Medienberichten gesagt, sie nehme die Informationen zu dem Treffen „verschiedener fundamental-christlicher LGBTIQ-feindlicher Akteure“ am Wochenende des Christopher Street Day mit Sorge zur Kenntnis.
Der Glaubenskongress UNUM24 wird von Fadi Krikor und Gerhard Kehl veranstaltet. Krikor leitet das „Father’s House for all Nations“ in einem ehemaligen Dominikanerinnenkloster bei Wasserburg in Oberbayern, das eigenen Angaben zufolge „Einheit und Versöhnung“ über Konfessionsgrenzen und Nationen hinweg fördern will. Kehl betreibt die Jordan Stiftung in Kempten im Allgäu, deren Ziel laut Homepage „volle Kirchen und neue geistliche Gemeinschaften“ sind. Rund 80 Organisationen aus dem Bereich der evangelischen Landeskirchen sowie der Freikirchen unterschiedlicher Prägung beteiligen sich an der UNUM24. (01/1863/18.06.2024)