Für den Glauben und die Heimat

Irgendwann wird es „Glaube und Heimat“ nur noch online geben. Dessen ist sich Chefredakteur Willi Wild sicher. Wann dieser Tag sein werde, sei offen. „Aber es wird uns als in Mitteldeutschland verortete Kirchenzeitung weiter geben“, sagt Wild zum 100. Zeitungsgeburtstag in Weimar. Die Redaktion habe „mit Sicherheit eine gute Perspektive.“ Am Sonntag lädt die Zeitung zu einem Festgottesdienst in die Weimarer Stadtkirche St. Peter und Paul und anschließendem Festakt im Deutschen Nationaltheater und Leserfest davor ein.

Die Auflagen von Kirchenzeitungen nehmen in Deutschland seit Jahrzehnten ab. Die katholischen Bistümer Fulda, Limburg und Mainz gaben ihre bislang lokal produzierten Zeitungen zum Jahreswechsel an die Verlagsgruppe Bistumspresse ab. Und auch im Bereich der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) war Ende 2023 ein historisch schmerzhafter Abbruch zu verzeichnen. Als die bis dahin älteste deutsche Zeitung ihrer Art wurde der „Evangelische Kirchenbote“ am 24. Dezember nach 177 Jahren aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt, teilte die Evangelische Kirche der Pfalz als Herausgeberin im Online-Auftritt der Zeitung mit.

Nach eigenen Angaben erreichten die 14 bundesweit erscheinenden, evangelischen Titel Ende 2023 rund 770.000 Leserinnen und Leser. Damit wurden sie rechnerisch nur noch von drei bis vier Prozent der Kirchenmitglieder gelesen. „Auch wir liegen nur noch bei etwa 8.000 Druckauflage“, sagt Wild. Aber „Glaube und Heimat“ habe ein Alleinstellungsmerkmal: „Seit acht Jahren bieten wir mit dem Gemeindebriefportal einen Service an, der uns die finanziellen Freiräume eröffnet, einen Teil der Auflagenverluste wirtschaftlich zu kompensieren.“

Mit diesem Serviceangebot können auch Laien in den Kirchgemeinden auf professionelle Weise einen Gemeindebrief bauen. Das Prinzip ähnelt einem Online-Fotobuch. „Glaube und Heimat“ liefert den lokalen Blattmachern die kostenlosen Layoutbausteine für inzwischen 108 Gemeindebriefe und 765 Kirchgemeinden. Die füllen die leeren Plätze mit Inhalten. Und die Landeskirche zahlt für den Service; und nicht nur sie. „Wir haben das Tool auch an andere Landeskirchen und katholische Bistümer verkauft“, sagt Wild. Das Geld investiere die Zeitung in ihr journalistisches Angebot.

Oberster Fan zwischen Erfurt und Magdeburg ist der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer: „Glaube und Heimat“ hat für die mitteldeutsche Kirche eine wichtige Bedeutung für die Kommunikation von kirchlichen, theologischen, zeitgeschichtlich und politischen Themen“, sagt er. Die Zeitung mache zudem engagierte Menschen im Ehren- und Hauptamt bekannt, stärke die evangelische Publizistik und sei gut zu lesen.

Auch Oberkirchenrat Matthias Kopischke von der Evangelischen Landeskirche Anhalts schätzt die journalistische Vielseitigkeit, Qualität und vor allem Unabhängigkeit der Zeitung. „Wir brauchen in der Evangelischen Kirche unabhängigen Journalismus, der mit Kompetenz und kritischer Empathie das kirchliche Zeitgeschehen reflektiert“, sagt er.

Nähe zu den Lesern und Meinungsstärke ist laut Wild genau die Mischung, mit der „Glaube und Heimat“ auch künftig punkten will. Eine Vertiefung der bestehenden Kooperation mit „Der Sonntag“ in Sachsen bis hin zu einer Fusion schließt er nicht aus. Über den mitteldeutschen Raum hinaus solle es dann aber nicht mehr gehen. Anderenfalls verliere die Zeitung die gewünschte Lesernähe.

Eine eigenständig regionale Kirchenzeitung wünscht sich auch der Präses der anhaltischen Landeskirche, Christian Preissner. Er weiß um die Vorteile eines Blicks über den Tellerrand der kleinsten Landeskirche. Bei rechter Betrachtung sei mit Anhalt wohl auch kaum mehr als eine Seite zu füllen. „So schön es ist, vornehmlich Berichte aus der kirchlichen Heimat zu lesen, so interessant kann es sein, auch am kirchlichen Leben anderer Regionen und Landeskirchen teilzuhaben“, sagt Preissner.