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Fünf Jahre nach dem Putsch in Mali – Das Militär bleibt an der Macht

Es sollte besser werden: Das versprachen die Militärs in Mali, als sie 2020 die Regierung absetzten. Seitdem haben sich Jihadisten ausgebreitet, Freiheiten wurden eingeschränkt, und die Junta bleibt an der Macht.

Im Sahelstaat Mali ist das Militär seit fünf Jahren an der Macht. Am 18. August 2020 gelang Assimi Goïta und seinen Vertrauten der Putsch. Was das Ausland entsetzte, überraschte in Mali nicht sonderlich. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet einige Fragen zur Situation im Land fünf Jahre nach dem Putsch.

Wer steht heute an der Staatsspitze Malis?

Das ist noch immer Assimi Goïta, der auch bei der Bundeswehr in Deutschland ausgebildet wurde. Nach dem Putsch 2020 wurde zwar der ehemalige Verteidigungsminister Bah N’Daw Präsident der Übergangsregierung. Doch im Mai 2021 putschte Goïta erneut und übernahm die Präsidentschaft. Und dort bleibt er: Wahlen wurden mehrfach abgesagt. Nun verabschiedete der Nationale Übergangsrat im Juni einen Gesetzentwurf, der ihm weitere fünf Jahre Amtszeit zusprach. Das verlängert seine Präsidentschaft auf jeden Fall bis 2030.

Was bedeutet das für Zivilgesellschaft und Opposition?

Im Mai verbot die Übergangsregierung sämtliche politische Aktivitäten und Parteien. Laut BBC wurde der einstige Ministerpräsident Moussa Mara – er galt einst als junger Hoffnungsträger – mit dem Vorwurf angeklagt, durch Kommentare in Sozialen Medien die Glaubwürdigkeit des Staates zu untergraben.

Einst galt die Zivilgesellschaft als dynamisch in Mali. Gibt es gegen die Entwicklung und Goïtas Festsetzung an der Staatsspitze Proteste?

Kleinere Proteste gab es mehrfach in diesem Jahr gegen die Junta. Ulf Laessing, der das Sahel-Programm der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) mit Sitz in Malis Hauptstadt Bamako leitet, sagt aber: “Viele Menschen sind resigniert.” Auch wollten sie nicht, dass die alten Eliten zurückkehren.

Also findet die Junta auch Rückhalt?

Laut Mali-Mètre ja. In der aktuellen Ausgabe von Mai 2025 – die landesweite Meinungsumfrage führt die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung jährlich durch – sagten neun von zehn Befragten, sie seien zufrieden mit der Übergangsregierung. Trotz Kritik – häufig aus dem Globalen Norden – ist die Junta ein Gegenentwurf zu der alten Elite, zu der etwa der 2020 abgesetzte Präsident Ibrahim Boubacar Keïta gehörte. Ihm und seiner Regierung wurde lange Untätigkeit – im Kampf gegen Terroristen wie bei der generellen Verbesserung der Lebensbedingungen – vorgeworfen, aber auch eine enge Verbindung zur einstigen Kolonialmacht Frankreich. Dieser wird im frankophonen Westafrika vorgeworfen, trotz Unabhängigkeit Strippenzieher zu sein und mitzuregieren.

Im Zuge der wachsenden Kritik an Frankreich wie dem Globalen Norden wurde Ende im Dezember 2023 die UN-Mission zur Stabilisierung von Malis Norden (Minusma) beendet. Welche Auswirkungen hat das?

Die Mission begann 2013 nach einem Tuareg-Aufstand im Norden und sich dort ausbreitenden islamistischen Terrorgruppen. Sie stand von Anfang an in der Kritik. Sie hatte ein Mandat zur Stabilisierung, aber nicht zum aktiven Anti-Terror-Kampf. “Wenn sie nicht beendet worden wäre, wäre die Sicherheitslage vermutlich nicht so schlecht”, so Laessing. Denn bei aller Kritik war sie neutrale Instanz und sorgte laut Laessing auch für etwas Stabilität. Sie bot staatliche Dienstleistungen an und beschäftigte Tausende Menschen. “Die soziale Lage hat sich nun deutlich verschlechtert.” Neue Jobs haben die einstigen Lokalkräfte nicht. Dabei wird seit Jahren in der Region beobachtet: Arbeitslosigkeit und Verzweiflung können dazu führen, dass sich Menschen von Terrorgruppen anwerben lassen.

Malis Junta kündigte an, islamistische Milizen besser zu bekämpfen. Wie stark sind die Gruppen, die Verbindungen zum Islamischen Staat und der Al-Kaida haben?

Nach Einschätzung Laessings wird die Ordnung in großen Städten bestehen bleiben. Auch Terrorgruppen sind auf Infrastruktur angewiesen. “Aber das Umland wird immer unsicherer werden.” Beispielsweise hat sich die “Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime” (JNIM) längst in Nachbarländer ausgebreitet. Neue Ziele sind offenbar Mauretanien und der lange als sicher und stabil geltende Senegal. In den Dörfern, in denen sie präsent sind, haben sie eigene Systeme eingerichtet, verlangen Abgaben, verbieten Feiern und fordern einen radikal-konservativen Islam ein.

Den Anti-Terror-Kampf sollte die russische Wagner-Gruppe, heute Afrikakorps, unterstützen. Im Globalen Norden hat das für viel Kritik gesorgt.

Nicht so in Mali. Laut Mali-Mètre waren 68,4 Prozent der Befragten “sehr zufrieden” und 27,3 Prozent “eher zufrieden”. Allerdings werfen Menschenrechtsorganisationen den russischen Söldnern vor, gemeinsamen mit der Armee Massaker zu begehen. Besonders im Fokus sind Menschen der Ethnie Fulani. Ihnen wird oft pauschal eine Nähe zu JNIM vorgeworfen.

Gibt es Lösungen, damit Mali aus dem Dilemma findet?

“Es gibt zwar viele Studien und Empfehlungen. Das geht aber leider an der Realität vorbei”, sagt Laessing. Die islamistischen Gruppen dauerhaft und erfolgreich zu bekämpfen, gilt als unmöglich. Laessing hofft, dass sich Europa weiterhin engagiert. “Es geht auch um die Menschen vor Ort.” Denn neben Dschihadisten, Menschenrechtsverletzungen und Junta kämpfen sie mit weiteren Problemen: Die Bevölkerung wächst jährlich um 2,9 Prozent, nicht aber Infrastruktur und Perspektiven. So ist nach Angaben mehr als jeder Vierte (6,4 von knapp 22 Millionen) dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen.