Früherer Rummelsberg-Chef: Ideen der Diakonie bis heute aktuell

Die in der Diakonie vereinigten Ideen der christlichen Nächstenliebe und des demokratischen Bürgersinns sind nach Ansicht des ehemaligen Rummelsberger Rektors Günter Breitenbach bis heute aktuell. Gerade „in einer Zeit, in der die Menschenwürde wieder einmal des Schutzes und der Verteidigung bedarf“, sagte Breitenbach am Donnerstag in seiner Festrede anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Diakonischen Werks in Würzburg. Breitenbach war von 1999 bis 2010 evangelischer Dekan in Würzburg, anschließend bis zu seiner Pensionierung Vorstandsvorsitzender der Rummelsberger Diakonie.

Breitenbach schilderte in seinem Festvortrag, wie sich der diakonische Gedanke vor 175 Jahren von Würzburg aus im damaligen Königreich Bayern ausbreitete. Ausgangspunkt war ein Besuch des Hamburger Theologen und Diakonie-Pioniers Johann Hinrich Wichern am 20. Juni 1849. Wichern war damals auf Einladung des Würzburger Dekans Kirchenrat Ernst Friedrich Wilhelm Fabri nach Unterfranken gekommen und sprach an jenem Tag in der völlig überfüllten Dekanatskirche St. Stephan über die Soziale Frage und Möglichkeiten ihrer Lösung. Anschließend begab er sich auf Werbereise durch Süddeutschland.

Wichern hatte 1848 auf dem evangelischen Kirchentag in Wittenberg zur Gründung von „Rettungshäusern“ aufgerufen. Angesichts des Elends infolge der Industrialisierung reiste er 1849 durch die deutschen Länder und rief zur Einrichtung einer Hilfsorganisation auf – die Innere Mission, der Vorläufer der heutigen Diakonien. Diesem Appell folgten die Würzburger: Am 21. Juni überzeugte Wichern im unweit von Würzburg gelegenen Zeilitzheim 70 unterfränkische Pfarrer von der Idee der Inneren Mission. Zu deren Grundkonstruktion gehörte, dass evangelische Gemeinden und Bürgervereine gemeinsam den Schwächsten helfen.

Breitenbach betonte, dass sich die Arbeitsfelder der damaligen „Inneren Mission“ und heutigen Diakonie immer wieder gewandelt und sich den Nöten und Bedürfnissen der Menschen angepasst hätten. Im Kern gehe es aber immer noch um die gleichen Themen. „Wir müssen feststellen, dass auch unsere Zeit Menschen hervorbringt ohne zureichendes Einkommen und ohne Obdach“, erläuterte der Theologe und Diakonie-Experte: „Jugendliche, die aus der Bahn geraten, Menschen, die Süchten erliegen oder in die Schuldenfalle tappen, Arbeitslose, die offenbar keiner braucht, (…) alte Menschen, die Pflege brauchen“.

Heute beschäftigt die Diakonie Würzburg, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs am 23. Mai 1949 wieder neu gegründet wurde, mit ihren Tochtergesellschaften rund 1.060 Hauptamtliche, denen etwa 475 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Seite stehen. Die Arbeitsbereiche umfassen Altenhilfe, Bildung und Erziehung sowie Psychosoziale Dienste. (00/1869/20.06.2024)