Früh übt sich

Sie diskutieren und stimmen ab: Die 25 Jugendlichen aus dem Hamburger Stadtteil Horn, die Mitglieder des Jugendparlaments sind. Dahinter steht die Kirchengemeinde.

Die Diakonie Hamburg ist regelmäßig mit Kindern über ihre Rechte im Gespräch, wie hier in einer evangelischen Grundschule
Die Diakonie Hamburg ist regelmäßig mit Kindern über ihre Rechte im Gespräch, wie hier in einer evangelischen GrundschuleCarola Pfaffinger

Hamburg. In Hamburg-Horn bestimmen Jugendliche seit 25 Jahren im Stadtteil mit: im Jugendparlament Horn (JuPa), das damals in der Timotheusgemeinde ins Leben gerufen. Es ermöglicht jungen Menschen aus Horn und Umgebung, eigene Projekte und Ideen zur Verbesserung des Lebensumfelds von Kindern und Jugendlichen in Horn zu initiieren und umzusetzen. Ihr Budget von 12 600 Euro im Jahr verwalten sie dabei selbst. Sie werden durch einen Beirat aus Sozialpädagogen und ehemaligen JuPa-Mitgliedern begleitet. Von Anfang an dabei und heute im Beirat ist Sozialpädagoge Matthias Koberg, der eng mit dem Stadtteil verbunden ist.

„Damals wollten Jugendliche in Horn etwas ändern“, erklärt Koberg, der selber in Horn aufgewachsen ist – einem der ärmeren Stadtteile in Hamburg. „Sie wünschten sich eine Disco, einen Treffpunkt und Wochenend-Fahrten, die sie selbstständig auf die Beine stellen wollten.“ Bei einer dreitägigen Zukunftswerkstatt 1997 mit 25 Jugendlichen und einem Moderatorenteam seien viele gute Ideen entwickelt worden, darunter ein Jugendcafé oder eine Skaterbahn. Damit alles gerecht zugeht, entstand die Idee, dafür ein Jugendparlament zu gründen, das keiner politischen Partei angehört und in dem über Projekte abgestimmt wird. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte stellte dafür 25.000 D-Mark im Jahr zur Verfügung, die Kirchengemeinde Timotheus bot sich als Dach für das Jugendparlament an und begleitet die Abrechnungen.

Am Rand der Gesellschaft

Die Idee fiel auf einen guten Nährboden, denn 1967 hatte ein Pastor die Gemeinde übernommen, dem es ein Anliegen war, alle Gruppierungen einzubeziehen, so Koberg. Die Kirche habe sich damals des Stadtteils angenommen und Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, einen Raum geboten.Das habe den Weg bereitet – und so wurde das Jugendparlament zu einem Vorreiter-Projekt. Alle 16- bis 27-Jährigen können im Parlament mitmachen, das bunt gemischt ist und heute 14 Mitglieder hat. Einmal im Monat wird zwei Stunden lang getagt.

Durch die Arbeit des Jugendparlaments erhielt der Stadtteil eine Inline-Skatebahn, Spielgeräte auf öffentlichen Flächen, ein Graffiti-Projekt zur Stadtteilgeschichte in einem Tunnel wurde umgesetzt, es entstanden ein Jugend-Café und vieles mehr. Demnächst ist ein Musikfestival geplant. „Die Mitglieder des Parlaments werden gewählt“, erläutert Koberg. Die Jugendlichen würden nicht nur viel für den Stadtteil erreichen, sondern auch viel für sich selber lernen. „Die Arbeit im Jugendparlament stärkt die Demokratie und gibt den jungen Leuten viel fürs Berufsleben mit. Sie besuchen Seminare zum Kommunikationstraining und lernen Kompetenzen, die ihnen auch später im Berufsleben nützlich sind.“

Kaum Nachwuchs

Hauptproblem sei es, Nachwuchs zu finden, der im Jugendparlament mitarbeiten will, sagt Koberg. Dabei biete das Jugendparlament viele Chancen. „Ich kann meine eigenen Ideen in Projekte einfließen lassen, und später kann ich das Ergebnis sehen“, erklärt JuPa-Geschäftsführerin Nadine Kretschmann in einem Interview im Gemeindemagazin, was sie an der Mitarbeit reizt.

Seit einiger Zeit ist die Beteiligung von Jugendlichen bei der politischen Arbeit gesetzlich verankert. „Da können wir mit unserer Expertise helfen“, erklärt Koberg. Denn das Jugendparlament Horn sei eines der wenigen unabhängigen und aktiven Jugendparlamente mit frei wählbaren Mitgliedern in Deutschland.