Friedensdekade: Die Sehnsucht wachhalten

Auch 2024 will die Friedensdekade einen Beitrag zur Vertiefung des christlichen Friedenszeugnisses leisten. In Zeiten von Krieg in der Ukraine und in Nahost wohl wichtiger denn je. Ein Kommentar.

"Frieden für die ganze Menschheit" steht über dem Bild einer riesigen Friedenstaube an einer Hauswand in Frankfurt am Main (Symbolbild)
"Frieden für die ganze Menschheit" steht über dem Bild einer riesigen Friedenstaube an einer Hauswand in Frankfurt am Main (Symbolbild)Imago/ imagebroker

Wenn am Sonntag die Kirchen die diesjährige Ökumenische Friedensdekade eröffnen, klingt es diesmal melancholisch, fast resignativ: „Erzähl mir vom Frieden“. Als sei Frieden etwas Wunderbares, aber derzeit leider völlig unrealistisch. Dieses Motto hat der Vorbereitungskreis für 2024 gewählt und greift damit eine weit verbreitete gedrückte Stimmung auf. Und das ist gut so. Denn nur so können diese zehn Tage bis zum Buß- und Bettag auch einen Raum bieten für das gemeinsame Überlegen, welche hilfreiche Antworten der christliche Glaube hier geben kann.

So wird die Angst ernstgenommen, dass der Krieg in Osteuropa weiter eskaliert und auch in Deutschland, selbst wenn es nicht zum Kriegsgebiet wird, die Krisen und Spannungen hier weiter eskalieren lässt. Ähnliche Gefühle beschleichen viele auch bei dem Blick in den Nahen Osten, wo Hardliner auf beiden Seiten ohne Rücksicht auf tausendfache menschliche „Kollateralschäden“ diplomatische Lösungen verhindern, weil sie dann die Macht verlieren würden. Ängstliche Blicke gehen auch in Richtung USA und China. Dazu gehört ebenso die Einsicht, dass eine globalisierte Wirtschaft auch die Gewinner, zu denen Deutschland noch immer gehört, angreif- und verwundbar macht.

„Erzähl mir vom Frieden“: Wie setzt sich Kirche heute für Frieden ein?

Gespeist wird diese gedrückte Stimmung auch durch den Blick in die eigene Gesellschaft. Beklagt wird das Anwachsen von Hass und Hetze, der Abschied von dem Willen, Kompromisse zu finden, die möglichst viele verschiedene Interessen einbeziehen. Das färbt nicht selten auch auf den Umgang miteinander im ganz persönlichen Lebensbereich ab. Und auch durch die Kirchen und ihre Gemeinden weht derzeit eher ein Hauch von Resignation statt der Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.

Die diesjährige Friedensdekade regt durch ihr Motto aber eben auch an, wieder einmal gemeinsam danach zu suchen, wie denn das christliche Friedenszeugnis heute heißt – und es dann auch klar auszusprechen. Und so wachzuhalten, was die Kirchen schon inmitten der gegenseitigen atomaren Bedrohung von Ost und West in den 80er-Jahren deutlich gesagt hatten: Dass Krieg nach Gottes Willen nicht sein darf. Und: dass Frieden möglich ist. Damals wurde die Friedensdekade geboren und verband als Brücke zwischen den hochgerüsteten Machtblöcken Christen in der Bundesrepublik und der DDR, von der Politik misstrauisch beäugt oder belächelt.

In vielen Gemeinden wurde sie damals begeistert aufgegriffen, trug so zur persönlichen Urteilsbildung und zur Sprachfähigkeit in Friedensfragen bei. Ebenso dazu, dass bei der friedlichen Revolution in der DDR 1989 Kerzen und Gebete die Logik der Gewalt durchbrachen, weil ein (bürger-)kriegstauglich hochgerüsteter Machtapparat damit nicht gerechnet hatte. Auch daran gilt es zu erinnern, wenn es heißt „Erzähl mir vom Frieden“.