Freie Wohlfahrtspflege in Bonn warnt vor Sozialkürzungen
Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in der Stadt Bonn kritisiert geplante Sozialkürzungen. „Die Lage ist dramatisch, weil wir es mit Kürzungen von allen Seiten zu tun haben“, sagte der Direktor des Caritasverbandes Bonn, Jean-Pierre Schneider, am Freitag. Nicht nur das Land Nordrhein-Westfalen streiche Mittel, sondern auch die Stadt. Teilweise würden auch Bundesmittel zurückgefahren.
Schneider warnte vor den langfristigen Folgen der Kürzungspläne. Die fehlenden sozialen Hilfen gefährdeten den sozialen Zusammenhalt. Gerade in Bonn werde die Schere zwischen den Gesellschaftsschichten immer größer. „Alle Maßnahmen, die benachteiligte und gefährdete Menschen betreffen und die die Teilhabe betreffen, gehören runter von diesem Streichungsplan.“
Allein der Haushaltsentwurf der NRW-Landesregierung sieht Sozialkürzungen von insgesamt rund 83 Millionen Euro vor. Sie betreffen etwa Angebote der Familienhilfe und Kindertagesstätten, Beratungsstellen und Integrationsprogramme. Bereits jetzt zeichne sich ab, dass viele kleine Träger sich wegen der absehbaren unzureichenden Finanzierung ihrer Angebote zurückzögen, sagte der Geschäftsführer des Paritätischen Bonn, Ismael Gunia.
„Wir stehen vor einem Sozialabbau historischen Ausmaßes“, erklärte die Geschäftsführerin der AWO Bonn/Rhein-Sieg, Barbara König. Besonders von den Sozialkürzungen des Landes sei unter anderem die Migrationsberatung betroffen, auf die ein Viertel der Einsparungen entfalle. Falls die Pläne umgesetzt würden, bedeute das zum Beispiel die Schließung der Integrationsagentur der AWO in Bonn-Bad Godesberg, wo 500 Menschen beraten und betreut würden. Die Kürzungen gefährdeten auch Angebote in Flüchtlingsunterkünften, die das soziale Zusammenleben förderten, warnte der Bonner Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes. Prävention, wie sie die Landesregierung nach dem Anschlag von Solingen angekündigt habe, sei so nicht mehr möglich.
Problematisch seien auch Einsparungen im Bereich der Familienberatung und -bildung, die vor allem benachteiligte Menschen beträfen, sagte Caritas-Direktor Schneider. Hier seien Angebote zur Schwangeren- oder Erziehungsberatung gefährdet. Auch Angebote im Bereich der Drogenberatung und in der Betreuung alter Menschen in stationären Einrichtungen seien durch Einsparungen bedroht.
Hinzu kämen weitere Bereiche, die durch unzureichende Finanzierung unter Druck stünden. Dazu zähle der Offene Ganztag, auf den ab 2026 ein Rechtsanspruch besteht, sagte Andrea Elsmann von der Geschäftsleitung des Diakonischen Werks Bonn und Region. Das Land erwarte ab 2026 den Vollausbau des Offenen Ganztags, obwohl das Angebot schon jetzt unterfinanziert sei. In der Folge müssten Betreuungszeiten eingeschränkt werden.