Freiburger Medizinethiker beklagt “Ökonomisierung” der Medizin

Im Streit um die Krankenhausfinanzierung hat der Freiburger Medizinethiker Giovanni Maio die Ausrichtung der Humanmedizin an wirtschaftlichen Aspekten kritisiert. „Sogar Politiker sagen jetzt, dass eine Entökonomisierung notwendig ist, womit sie politische Fehlentscheidungen ja indirekt zugeben“, sagte der Professor für Bio- und Medizinethik an der Universität Freiburg in einem Interview mit dem im hessischen Oberursel erscheinenden Monatsmagazin „Publik-Forum“ (Ausgabe vom 28. Juni.) Niemand habe jedoch den Mut, einen wirklichen Systemwechsel herbeizuführen.

Als eines der Grundübel bei der Krankenhausfinanzierung nannte Maio die so genannten Fallpauschalen, mit denen die einzelnen Leistungen unabhängig vom jeweiligen Aufwand gedeckelt werden. Nötig sei dagegen, „dass Kliniken die Behandlung, die medizinisch geboten ist, auch vollständig zurückbezahlt bekommen“. Medizin sei professionelle Sorge und kein Gewerbe. Heilberufe seien dafür da, auf Hilfe angewiesenen Menschen zu helfen, und nicht, „um Erlöse zu optimieren“.

Kern der Medizin sei das Zwischenmenschliche. Der Mensch sei keine „defekte Maschine, die es zu reparieren gilt“, sagte Maio. Jeder Mensch wolle in seiner Not verstanden werden. Nötig sei darum, „die Medizin als Zusammenspiel von Sachlichkeit und Zwischenmenschlichkeit“ zu verstehen. „Dort, wo die Zeit für das Verstehen, für das gute Gespräch wegrationalisiert worden ist, wird die Medizin nicht nur nicht wirklich helfen können, sondern die Verletzlichkeit des angewiesenen Menschen verstärken“, so der Mediziner und Philosoph im Interview.