Frauen gehen bei hauptamtlichen Führungsämtern oft leer aus

Die Debatte um eine Frauenquote in der Führungsetage der bayerischen evangelischen Landeskirche hat eine neue Wendung genommen. Erstmals haben der Landeskirchenrat und der Berufungsausschuss Zahlen vorgelegt, wie viele Frauen und Männer sich auf Führungspositionen beworben haben – und wie oft letztlich eine Frau zum Zug gekommen ist. In einem kircheninternen Schreiben vom Mittwoch, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, brachte der landeskirchliche Personalchef Stefan Reimers eine flexible Frauenquote bei der Besetzung von Leitungsstellen ins Spiel. Eine starre Frauenquote von 50 Prozent halte er hingegen für „nicht sinnvoll“.

In den Schreiben von Reimers und dem Berufungsausschuss, das an alle Landessynodalen sowie Dekaninnen und Dekane ging, zeigt sich: In zwei von vier kirchenleitenden Gremien – nämlich der Landessynode und dem Landessynodalausschuss – herrscht ein leichter Frauenüberschuss, die Quote liegt jeweils bei rund 53 Prozent. Seit 22 Jahren steht beiden Gremien eine Frau vor, aktuell Annekathrin Preidel. Dazu muss man allerdings sagen: In der 108-köpfigen Synode sitzen mehrheitlich ehrenamtliche Laien. Im Landeskirchenrat hingegen, wo hauptamtliche Führungskräfte sitzen, sieht die Sache anders aus.

Laut dem Berufungsausschuss, der für die Besetzung der Oberkirchenrats-Posten zuständig ist, gab es in den vergangenen zehn Jahren neun Besetzungsverfahren in den derzeit sechs Kirchenkreisen – also fürs Regionalbischofsamt. Beworben haben sich insgesamt 29 Männer, zwölf Frauen und vier Ehepaare. Die Stellen wurden fünfmal mit einem Mann, dreimal mit einer Frau und einmal mit einem Ehepaar besetzt.

Oberkirchenrätinnen und Oberkirchenräte bilden zusammen mit Landesbischof Christian Kopp den Landeskirchenrat. In dem Gremium, das man im Politiksprech auch als Kabinett oder Exekutive bezeichnen könnte, sitzen derzeit zehn Männer und drei Frauen. Auch die Abteilungsleiter im Landeskirchenamt in München, der Verwaltungszentrale der rund 2,1 Millionen Protestanten im Freistaat, sind Oberkirchenräte. In den vergangenen zehn Jahren haben sich zwölf Männer und drei Frauen auf Theologische Oberkirchenrats-Posten beworben – dreimal kam ein Mann zum Zug. Auch Juristische Oberkirchenrats-Posten wurden viermal mit einem Mann besetzt – obwohl sich neben 39 Männern auch 15 Frauen beworben hatten.

In den Zahlen sind auch Bestätigungen im Amt enthalten: Die Amtszeit eines Oberkirchenrats oder einer Oberkirchenrätin dauert zehn Jahre, danach kann der Landeskirchenrat die Person im Amt bestätigen. Bei Neubesetzungen hingegen wurde nach epd-Recherchen in den vergangenen zehn Jahren keine Frau berücksichtigt. Genau daran hatte sich Mitte Juni die Kritik entzündet, als mit Jonas Schiller erneut ein Mann für einen Regionalbischofs-Posten ausgewählt wurde. Die Landshuter Dekanin Nina Lubomierski konstatierte auf Instagram in einem Video: „Wie die letzten zehn Jahre und letzten zehn Male wurde wieder ein Mann gewählt.“ Schiller zog einen Tag später aus „persönlichen Gründen“ zurück.

Nachholbedarf bei weiblichen Führungskräften gibt es laut den nun vorliegenden Zahlen nicht nur im Landeskirchenrat, sondern auch bei den Dekaninnen und Dekanen, der „mittleren Ebene“. Aktuell sind laut Personalchef Reimers etwa 28 Prozent der Dekanstellen mit Frauen besetzt. In absoluten Zahlen stehen 56 Dekane 28 Dekaninnen gegenüber. Das Verhältnis entspreche aktuell nicht dem Ziel „einer gleichberechtigten Teilhabe“, räumte Reimers ein.

Gleichwohl sei der Frauen-Anteil bei der Besetzung von Dekanstellen in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, erläuterte der landeskirchliche Personalchef. Dieses und vergangenes Jahr seien sieben Frauen und sechs Männer berufen worden. Bei den Referatsstellen im Landeskirchenamt in München seien momentan 42 Prozent der Stellen mit Frauen besetzt.

Einer starren Frauenquote erteilte Reimers in dem Schreiben eine Absage: Bei einer „absolut gesetzten“ Parität müssten bei einer Stellenbesetzung „alle anderen Faktoren“ wie Erfahrung, Kompetenz oder Visionen hinter dem Geschlecht zurücktreten. Gerade bei einer Besetzung von Führungsstellen brauche es aber die „Abwägung unterschiedlichster Perspektiven“. Zudem widerspreche eine starre 50-50-Quote der „nichtbinären Perspektive“, also einer Einstellung nichtbinärer Personen.

Eine flexible Quote von mindestens 40 und höchstens 60 Prozent dagegen befürwortet Reimers. Denn durch den so entstehenden Korridor „von variablen 20 Prozent ergibt sich die notwendige Flexibilität“, um neben der Parität der Geschlechter auch anderen Parametern „den richtigen Raum“ zu geben. Dabei dürfe das Ziel einer weiteren Gleichstellung beim Erreichen der 40-Prozent-Marke allerdings nicht aufgegeben werden. (00/2122/11.07.2024)