„Die Schließung ist kein normaler Vorgang“, sagt die Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI), die Ethnologin Susanne Schröter. Mit dem Auslaufen ihres „Goethe Research Professorships“ Ende September geht auch die Arbeit des von ihr gegründeten Zentrums zu Ende. Eine von Schröter vor Jahren mit der Universität vereinbarte „Nachhaltigkeitsoption“ zur Fortführung des Zentrums sei nicht verwirklicht worden, sagt die Professorin. Dabei habe sie schon Geld für eine vorgezogene Nachberufung einer Islamexpertin oder eines Islamexperten eingeworben. Die Berufungskommission habe aber eine Mexikoexpertin für ihren Lehrstuhl ausgewählt.
„Die Beschäftigung mit dem Schwerpunkt Islamismus war der Grund, dass das Zentrum nicht mehr gewollt ist“, ist Schröters Überzeugung. „Ich habe an Tabus gerührt“ – an dem politischen Islam, an Problemen der Migration. „An den Universitäten beschäftigt man sich nicht mehr mit bestimmten Themen“, ist der Eindruck der Ethnologin. Zugrunde liege die vorherrschende „postkoloniale Theorie“, die im Kern schlicht sei: „Der Westen ist rassistisch und für das Elend in der Welt verantwortlich“.
Die Muslime gehörten demnach zu den ausgegrenzten Gruppen, Kritik am Islamismus sei eine Form des Rassismus. Tatsächlich sei der Islamismus eine antidemokratische und antiemanzipatorische Form des Islams, die auch von Muslimen kritisiert werde, betont Schröter. Dessen Erforschung sei für die Wissenschaft und die Politik von Bedeutung.
Die Schließung des FFGI reiße eine Lücke in die deutsche Forschungslandschaft, sagt der Geschäftsführende Direktor des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster, Mouhanad Khorchide. Insbesondere darin, dass das FFGI sich mit dem Phänomen des Islamismus jenseits von Gewalt, dem politischen Islam, befasst habe. Dass mit der Pensionierung einer Professorin auch ihre Einrichtung geschlossen werde, sei normal. Das Problem sei, dass es in Deutschland keinen dauerhaften Lehrstuhl zur Erforschung des Islamismus gebe. „Wir haben in Deutschland hundert Lehrstühle zur Erforschung des Rechtsextremismus, aber keinen einzigen Lehrstuhl zum Islamismus“, kritisiert Khorchide.
An der Universität Frankfurt war Schröter in den vergangenen Jahren mit gut besuchten Konferenzen angeeckt, etwa zum Kopftuch oder zur Migration. Linke und islamistische Aktivisten machten Stimmung gegen Schröter und forderten ihre Entlassung. Nach der Konferenz „Migration steuern, Pluralität gestalten“ 2023, an deren Rande es zu verbalen Entgleisungen des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer (jetzt parteilos) im Streit mit Demonstranten kam, forderten Wissenschaftler Konsequenzen gegen Schröter, Studierende ihren Rauswurf. Schröter spricht von einer „Mobbingkampagne“ gegen sie.
Die Universität Frankfurt sieht die Forschung zum Islam auch nach Schröters Pensionierung gut aufgehoben, nämlich in dem Forschungs- und Transferzentrum Islam (FTI) unter Leitung der Islamischen Theologie. Die 2022/2023 gegründete Institution soll die Expertise zu islambezogenen Themen bündeln. Allerdings sei für das kommende Jahr noch keine Förderzusage des Landes Hessen erfolgt, weshalb über die zukünftige Arbeit keine Aussage getroffen werden könne. Das FTI behandele explizit nicht die Themen, für die das FFGI stand, entgegnet Schröter.
Die Lücke, die das FFGI in der Forschung und im Wissenstransfer hinterlässt, ließe sich mit dem Aufbau eines ähnlichen Zentrums außerhalb der Universität schließen, regt die Leiterin an. Vorbild könne die „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ in Wien sein, die als „unabhängiger Fonds der Republik“ gegründet wurde. Dies wäre ein Gewinn, etwa für Lehrkräfte, die wissen wollen, was sie im Namen der Religionsfreiheit akzeptieren und was sie als Extremismus zurückweisen sollten. „In der Gesellschaft fehlt eine solche Expertise“, sagt Schröter. „Deshalb sollte es ein solches Zentrum geben.“