Fotos in der Markuskirche zeigen fragilen Frieden

„Frieden“ hat die Markuskirche, die Kulturkirche in Hannover, zum Jahresthema gewählt. Zwei Ausstellungen widmen sich diesem Thema – mit beeindruckenden Fotos.

Kurator Peter Rautmann (li.) und Pastor Betram Sauppe platzieren die Skulptur "Social conciousness" vor der Gefallenen-Gedenktafel
Kurator Peter Rautmann (li.) und Pastor Betram Sauppe platzieren die Skulptur "Social conciousness" vor der Gefallenen-GedenktafelJens Schulze

Hannover. Wie fragil Frieden ist, zeigen etwa die Arbeiten von Simon Barth – scheinbar harmlose Stadtansichten aus Bremen. Erst auf den zweiten Blick fällt der Panzer in der Einkaufsmeile auf oder der Heckenschütze am Fenster. Oder die bombenbeladenen Flugzeuge am Himmel über hohen Wohnhäusern. Der Student hat diese bedrohlichen Elemente einem 3-D-Computerspiel entliehen und digital in harmlose Alltagsszenen eingefügt. Schlafende Relikte des Zweiten Weltkrieges, etwa noch bestehende Schutzräume, hat Sungho Yeo in Bremen fotografiert.
Friedlich sind auch die Straßenszenen aus Sarajewo, die Peter Kreibich ausstellt. Sie sind im vergangenen Jahr entstanden – doch sie zeigen unübersehbar die Wunden des Krieges vor zwei Jahrzehnten. Aber nicht nur Geschosse haben die Wunden geschlagen. Das Stadtbild leidet heute auch unter dem privatwirtschaftlichem Wildwuchs.

Studenten kommen aus der ganzen Welt

Als Anna Bauer vor ein paar Jahren zum Studium nach Deutschland kam, richtete sich ihre Heimat, die Ukraine, gerade nach Europa aus. Als Abschlussarbeit hat sie eine "mediale Dekonstruktion" des später entstehenden Kriegs in Buchform vorgelegt. Anna Bauer berichtet in Fotos und Interviews von den Menschen in Kiew und Mariupol, aber auch der abgespaltenen Volksrepublik Donezk. Es geht ihr um die persönliche Sicht der Menschen, ihr Schicksal, nicht aber um die Schwarz-Weiß-Propaganda der russischen wie ukrainischen Seite.
Peter Rautmann, Kurator der Ausstellung "Conflict?", betont ihre Internationalität. "Die Studierenden kommen aus der ganzen Welt, aus Japan oder China, aus dem Kosovo und der Ukraine oder eben auch aus Deutschland. So unterschiedlich die Arbeiten sind, zeigen sie dennoch eine Gemeinsamkeit: die Sorge um die Fragilität des Friedens."
Rautmann verweist auf eine Reihe kleiner Bilder im Altarraum. Sabine Lewandowski hat "Stolpersteine" fotografiert, die kleinen Messingplatten, die der Künstler Günther Demnig bundesweit in vielen Städten ins Pflaster eingelassen hat, um an Opfer der Nazi-Zeit zu erinnern. Die abfotografierten Stolpersteine liegen am Boden, die dazugehörigen Häuser – zwei davon auch aus Hannover – sind in gleichem Kleinformat in bewusst verschwommenen Fotos an der Wand zu sehen.

Auch Whatsapp-Fotos zu sehen

"Es geht hier nicht um technisch perfekte Fotos", erklärt Rautmann, "sondern um den Moment und um die Aussage." Deshalb seien bewust auch Whatsapp-Bilder verwendet worden.
Drei großformatige Bilder im Eingangsbereich der Kirche fallen wegen ihrer intensiven Lichtwirkung auf.  Jaeuk Lee stellt zwei Menschen in ihrem Lebensumfeld dar – beide zwar in Bremen fotografiert, aber die Szene könnte überall in der Welt sein. Dazwischen hängt eine unbelebte Straßenzene, mystisch im Nebel verschwommen. Die drei Bilder sind hinterleuchtet und gewinnen so an Intensität und Plastizität.
Gerade diese Fotos dokumentieren die Idee hinter dem Ausstellungsprojekt: "In jedem Bild ist ein Konflikt versteckt, der uns in Europa noch nicht bewusst ist", erklärt Professor Peter Bialobrzeski von der Hochschule für Künste in Bremen, bei dem die Studierenden gelernt haben.
Zwei Skulpturen von Gerhard Marcks ergänzen im Altarraum die Ausstellung. Die kleinere – zwei Frauen im Gespräch – gibt den Namen dieser Ausstellung: "Social consciousness". Ihre Position vor der Gedenktafel für Kriegsgefallene ist als bewusster Kontrast gewählt. Die größere Skulptur zeigte die Glücksgöttin Fortuna. Frieden sei eben auch immer ein Glücksfall, meint Kurator Rautmann.
Info
Die Ausstellung "Conflicts" ist bis 19. Juni mittwochs bis sonntags, 13 bis 19 Uhr, zu sehen. Thematische Führungen gibt es mittwochs um 19 Uhr.
"Social Consciousness" ist bis 14. September zu sehen.