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Forscherin: Namen erzählen immer Zuwanderungsgeschichte

Müller, Meier, Schmidt? Oder Novak, Barowski, Fontane? Viele Nachnamen wurden eingedeutscht. Die Uni Mainz erstellt zu Familiennamen ein Wörterbuch: Interessierte können online die Herkunft ihres Namens nachschlagen.

Familiennamen erzählen nach nach Einschätzung von Namensforschern immer Zuwanderungsgeschichten. “Das sehen wir bei unserer Arbeit am Forschungsprojekt ‘Digitales Familiennamenwörterbuch’. Wenn man all diese Namen und ihre Herkunft sieht, kommt schon die Frage auf ‘Was ist eigentlich ein deutscher Name?'”, sagte die Leiterin des Projekts an der Universität Mainz, Rita Heuser, am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Es ist sehr schwer, das einzugrenzen, denn in der Vergangenheit konnten die eingewanderten Namen angepasst und verändert werden.”

Die größte Gruppe eingedeutschter Nachnamen sind demnach slawische Namen, sagte die Namenskundlerin weiter. “Der Name Novak etwa ist polnischen Ursprungs, in Deutschland aber sehr verbreitet. Auch viele weitere Namen werden gar nicht mehr als ‘nichtdeutsch’ wahrgenommen, weil es sie bei uns schon so lange gibt.”

Manchmal sei die Schreibweise auch eingedeutscht, etwa bei Namen französischen Ursprungs. “Schwalie kommt etwa von Chevalier; Pieroth von Pierrot, Fontane aus Fontaine”, erklärte Heuser. Zudem würdem Namen egal welcher Sprache seit den 1950er-Jahren meist nicht mehr eingedeutscht: “Das sehen wir an den Namen der italienischen, türkischen und spanischen Gastarbeiter, die einfach so geblieben sind.”

Menschen seien immer schon wegen ihres Namens ausgegrenzt worden, erklärte die Forscherin. “Namen wurden als fremd empfunden, seit es Einwanderung gibt. Die Endung -ski, die für die im Ruhrgebiet häufigen polnischen Namen typisch ist, wurde etwa verwendet, um abwertende Begriffe zu bilden, etwa Besoffski oder Radikalinski.” Es seien Angst, Vorurteile oder Vorbehalte der Menschen vor dem Fremden, die dazu führten, dass sie sich in dieser Weise abgrenzten.

Das Forschungsprojekt an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Technischen Universität Darmstadt befasst sich seit 2012 mit Familiennamen und deren Herkunft. “Das digitale Familiennamenwörterbuch Deutschlands” (w) enthält bisher 850.000 Namen, von denen bereits rund ein Zehntel kategorisiert wurde. Neben Rang und Häufigkeit gibt es dort auch Informationen zur Etymologie, also Wortbedeutung der Nachnamen.