Migrationsforscher: Grenzkontrollen “hauptsächlich symbolisch”

Gerade wird in Deutschland viel über die neuen Grenzkontrollen diskutiert. Ein Migrationsforscher aus den benachbarten Niederlanden blickt eher skeptisch auf die Maßnahmen.

Migrationsforscher de Haas bewertet Grenzkontrollen als symbolischen Akt (Archivbild)
Migrationsforscher de Haas bewertet Grenzkontrollen als symbolischen Akt (Archivbild)Imago / Revierfoto

Die Einführung von Kontrollen wie kürzlich in Deutschland an allen Landesgrenzen sind nach Worten des niederländischen Migrationsforschers Hein de Haas “hauptsächlich symbolisch”. Das sei besonders dann der Fall, wenn sie in Form von Stichproben erfolgten, sagte de Haas der Süddeutschen Zeitung. “Einwanderungsbeschränkungen wie auch Visa oder Grenzzäune laufen oft ihrem erklärten Zweck entgegen, solange die Ursachen der Migration, insbesondere der Arbeitskräftebedarf in den Zielländern und auch die Gewalt in den Herkunftsländern, fortbestehen.”

Solange Grenzen geöffnet seien, pendelten viele Migranten zwischen ihren Herkunfts- und ihren Zielländern, viele kehrten nach einigen Jahren in ihr Heimatland zurück. “Sie bleiben dagegen im Einwanderungsland, wenn sie fürchten müssen, nicht wieder zurückkommen zu dürfen”, so der Forscher.

Zahl der Immigranten würde langfristig eher steigen

Untersuchungen hätten gezeigt, dass Einwanderungsbeschränkungen die “Zirkularität” unterbrechen. “Sie provozieren daher eine dauerhafte Ansiedlung, was wiederum dazu führt, dass sie ihre Verwandten nachholen. Die Zahl der im Land befindlichen Immigranten könnte daher aufgrund strengerer Grenzkontrollen paradoxerweise eher wachsen statt abnehmen.”

Nur ein kleiner Teil der Einwanderer sei “außerhalb der Legalität” unterwegs, erklärte de Haas. So reisten lediglich etwa zehn Prozent der Menschen, die Afrika verließen, ohne erforderliche Papiere. “Auch die meisten irregulären Migranten überqueren die Grenzen legal. Dann laufen ihre Visa ab, und sie bleiben. Selbst eine hermetisch abgeriegelte Grenzmauer kann das nicht verhindern.”

Illegale Einwanderung woanders bekämpfen

Tatsächlich sei ein großer Teil der Einwanderung erwünscht, meinte der Forscher. “Oder sie ist zumindest bequem, weil die Arbeitskräfte gebraucht werden. Dies gilt auch für illegale Migration. Das weiß die Politik, und entsprechend nachlässig wird kontrolliert.” Wenn man wirklich gegen “illegale” Einwanderung vorgehen wolle, “müsste man systematisch durch die Baustellen, die landwirtschaftlichen Betriebe, die Restaurants und auch die privaten Haushalte gehen”. Das geschehe jedoch eher selten.

De Haas betonte, dass vor allem auf lokaler Ebene die Ankunft einer großen Zahl von Asylbewerbern zu “reellen Herausforderungen und Problemen” führen könne. “Auch bleibt der Mangel an Solidarität und Zusammenarbeit zwischen den europäischen Ländern – und zwischen den Bundesländern innerhalb Deutschlands – hinsichtlich einer gerechten Verteilung der Verantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen ein echtes Problem.”