Ewig am Handy durch Social Media scrollen – das kann die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendliche empfindlich gefährden. Forscher haben Maßnahmen zum besseren Schutz vorgelegt. Und: Die Politik sei am Zug.
Wissenschaftler der Nationalakademie Leopoldina haben Maßnahmen vorgelegt, um Kinder und Jugendliche besser vor negativen Auswirkungen von Sozialen Medien zu schützen. Kinder unter 13 Jahren sollten demnach keine Social-Media-Accounts einrichten dürfen. Für 13- bis 15-Jährige sollten Soziale Medien nur nach gesetzlich vorgeschriebener elterlicher Zustimmung nutzbar sein. Für 13- bis 17-Jährige sollten soziale Netzwerke zudem altersgerecht gestaltet werden, etwa durch ein Verbot von personalisierter Werbung und die Unterbindung besonders suchterzeugender Funktionen wie Push-Nachrichten und endloses Scrollen. Das geht aus dem am Mittwoch in Halle vorgestellten Diskussionspapier hervor.
Die Wissenschaftler verschiedener Forschungsgebiete empfehlen außerdem ein Verbot von Smartphones in Kitas und Schulen bis einschließlich der 10. Klasse. Insgesamt sehen die Forschenden einen großen politischen Handlungsbedarf, da mögliche Gefährdungen der psychischen Gesundheit durch eine intensive Social-Media-Nutzung erheblich seien. Sie plädieren für mehr Vorsorge, auch wenn wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärt sei, wie groß das Risiko tatsächlich sei. In Deutschland nutzen den Angaben zufolge 90 Prozent der Jugendlichen ab 12 Jahren Soziale Medien.
Zur Umsetzung der Maßnahmen sehen die Autorinnen und Autoren vor allem auf EU-Ebene Möglichkeiten der Regulierung und appellieren an die Bundesregierung, sich dort für entsprechende gesetzliche Regelungen einzusetzen. Zudem müsse ein digitaler Bildungskanon in Kitas und Schulen verankert werden. Wichtig seien auch niedrigschwellige Kampagnen, um Familien über Einflüsse Sozialer Medien auf die psychische Gesundheit sowie über Möglichkeiten einer positiven Gestaltung der Social-Media-Nutzung zu informieren.
Der Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin, Ralph Hertwig, erklärte, weltweit sei zu beobachten, dass sich die psychische Gesundheit bei Heranwachsenden in den vergangenen zwei Jahrzehnten verschlechtert habe. Parallel dazu habe die Nutzung Sozialen Medien rasant zugenommen. Das könne aber nicht als einziger Faktor dafür verantwortlich gemacht werden.
Silvia Schneider, Professorin für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie an der Ruhr-Universität Bochum, ergänzte, die Nutzung Sozialer Medien habe auch positive Effekte und könne etwa Verbundenheit fördern. Auch für benachteiligte Gruppen und Minderheiten könnten sie eine Stütze sein. Demgegenüber stünden aber die Gefahren für die psychische Gesundheit bei intensiver bis suchthafter Nutzung. Studien zeigten, dass etwa Depressions- und Angstsymptome, Aufmerksamkeits- oder Schlafprobleme die Folge sein könnten. Deshalb sei wichtig, in der Suchtprävention anzusetzen.