In Nordrhein-Westfalen sind vier Jahre nach der Flutkatastrophe im Sommer 2021 mittlerweile rund 4,3 Milliarden Euro für den Wiederaufbau bewilligt worden. Davon seien wiederum 2,2 Milliarden Euro bereits ausgezahlt, wie Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Donnerstag in Düsseldorf erklärte. Der Euskirchener Bürgermeister Sacha Reichelt (CDU) lobte die Zusammenarbeit mit dem Land. Derweil haben Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen nach einer Bewertung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) einen extremen Risikograd für schwere Schäden durch ein sogenanntes Jahrhunderthochwasser.
Die Flutkatastrophe im Juli 2021 kostete in Deutschland mehr als 180 Menschen das Leben: 136 in Rheinland-Pfalz und 49 in Nordrhein-Westfalen. Mehr als 800 Menschen wurden teils schwer verletzt. Ganze Orte wurden zerstört. Auslöser für die Sturzfluten vom 13. bis 15. Juli war das Tiefdruckgebiet „Bernd“, das tagelang über Mitteleuropa festhing.
In NRW stehen dem Bauministerium zufolge 12,3 Milliarden Euro für den Wiederaufbau zur Verfügung. Das Geld werde am Ende nicht in voller Höhe benötigt, weil deutlich mehr der betroffenen Gebäude gegen Elementarrisiken versichert gewesen seien, betonte Bauministerin Scharrenbach.
Von den bisher bewilligten Mitteln sind dem Ministerium zufolge 865 Millionen Euro für privat genutzte Wohngebäude und Hausrat vorgesehen. Dafür seien bisher 27.274 Anträge gestellt und 98 Prozent abschließend bearbeitet worden. Rund 734 Millionen Euro dieser Mittel seien bereits ausgezahlt. Viele Privathaushalte hätten den Wiederaufbau komplett abgeschlossen, für knapp 70 Prozent der bewilligten Gebäudesanierungen lägen bereits die Verwendungsnachweise vor.
Den Kommunen wurden den Angaben zufolge für den Wiederaufbau der Infrastruktur rund 2,8 Milliarden Euro bewilligt und rund 903 Millionen Euro bisher ausgezahlt. Der Euskirchener Bürgermeister Reichelt lobte im WDR5-„Morgenecho“ die Zusammenarbeit mit dem Land. „Sicherlich sind die Verfahren komplexer geworden, man kann klar erkennen, dass gerade im unmittelbaren Nachgang zur Flut das Ganze doch unbürokratischer war, als es jetzt der Fall ist“, betonte er. Damit müssten Kommunen und Behörden umgehen können. Er könne aber verstehen, wenn Bürger sich ärgerten. Allerdings hätten Menschen ihm häufiger über Probleme mit der späteren Abrechnung mit der Versicherung berichtet.
Reichelt betonte, dass es immer noch Stellen in der Stadt gebe, die bearbeitet werden müssten. Dazu gehöre beispielsweise die Umsiedlung der ehemaligen Stadthalle, die sich in einem flutgefährdeten Bezirk befunden habe. „An der alten Stelle haben wir jetzt eine wirklich sehr ansehnliche Grünfläche bekommen“, sagte er dem WDR-Radio. „Aber an der neuen Stelle steht natürlich auch noch keine neue Stadthalle und kein neues City-Forum.“ Zum Schutz vor weiteren Flutkatastrophen habe die Stadt beispielsweise die Kitas deutlich höher gebaut, erläuterte der Bürgermeister. Euskirchen sei besser aufgestellt als 2021. Würde jetzt wieder so eine Flut kommen, wäre es allerdings „immer noch eine heftige Katastrophe“.
Unterdessen betonte der Opferbeauftragte der rheinland-pfälzischen Landesregierung, Detlef Placzek, dass nach wie vor viele Menschen auf Hilfe angewiesen seien. Zudem würden die Nachfragen nach Hilfe zunehmend komplexer. Schwierigkeiten mit der Bauausführung, Gutachten, Finanzierungen und damit verbundene psychische Belastungen konfrontierten Bürgerinnen und Bürger häufig mit für sie unlösbaren Problemstellungen, erläuterte er.
Bei dem von der Umwelthilfe errechneten „Hochwasser-Risikograd“ erhält Bayern den Angaben zufolge mit 8,29 Punkten den höchsten Wert. Auf ein mäßiges Risiko kommen dagegen Bremen, Hamburg und Berlin. Den prozentual höchsten Anteil an Risikoflächen, im Verhältnis zur Landesfläche, habe NRW (6,8 Prozent), gefolgt von Brandenburg (6,2 Prozent) und Sachsen-Anhalt (5,9 Prozent).