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Flüchtlingsrat: Geflüchtete besser psychosozial versorgen

Manche sehen im Attentat von Aschaffenburg schon eine “Zeitenwende”. Vorschläge vor allem zu einer schärferen Migrationspolitik überschlagen sich. Aber führen sie auch zum Ziel, Gewalt zu verringern?

Das Messerattentat von Aschaffenburg wird nach Auffassung des Bayerischen Flüchtlingsrats von führenden Politikern für den Wahlkampf instrumentalisiert. Es brauche sofortige realistische Konsequenzen der Politik, teilte der Flüchtlingsrat am Freitag in München mit. Diese seien jedoch andere als das, was Spitzenpolitiker von Union und SPD forderten. Statt unrealistische und rechtswidrige Vorschläge zu machen, etwa eine generelle Einreiseverweigerung, müssten Geflüchtete psychosozial besser versorgt werden.

Flüchtlingsratssprecherin Jana Weidhaase forderte eine flächendeckende und systematische Früherkennung aller vulnerablen Personen einschließlich der psychisch kranken. Einer entsprechenden Diagnose müsse dann auch eine Therapie folgen. Bisher würden durch das erst jüngst verschärfte Asylbewerberleistungsgesetz Behandlungen über Akutfälle hinaus erst nach drei Jahren finanziert.

Psychisch kranke Geflüchtete gehörten außerdem in betreute Wohngruppen und nicht in Sammelunterkünfte. Diese Art der Unterbringung sei “ein großer Risikofaktor für Gewalttaten”, sagte Weidhaase. “Auch wenn das Recht auf Asyl abgeschafft wäre und alle abgelehnten Asylsuchenden abgeschoben wären, würden Gewalttaten weiterhin passieren”, erinnerte Weidhaase.

Gewalt als Reaktion auf Stress oder Symptom psychischer Erkrankungen sei “vor allem männlich”. Sie werde auch von Männern verübt, die nicht geflüchtet seien. Bei Geflüchteten kämen weitere Risikofaktoren hinzu. Dazu zählten unbehandelte Traumata, die Unterbringung in großen Lagern, Arbeitsverbote, Isolation und fehlende Teilhabe.

“Wir sind in Gedanken bei den Familien der Opfer des Attentats in Aschaffenburg”, versicherte die Sprecherin. “Wir alle wollen in Sicherheit leben und wollen, dass diese Art von Gewalt verhindert wird. Forderungen nach Abschiebungen und Abschottungen gehen jedoch völlig an der Realität vorbei.”