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“Fest der Demokratie” gegen AfD in Gießen

In der Stadtmitte von Gießen herrscht am Samstagmittag eine friedliche Stimmung. Einige Geschäfte und Buden des Weihnachtsmarktes sind geöffnet. Ein Laden hat seine Schaufenster mit Botschaften unter anderem von Martin Niemöller und Ernst Bloch plakatiert. Vor der Bühne des Deutschen Gewerkschaftsbundes am Neustädter Tor versammeln sich viele junge Menschen und Familien. In den Hessenhallen will die AfD zur gleichen Zeit eine neue Jugendorganisation gründen.

Ein „Fest der Demokratie“ mit mehreren Hundert Menschen will einen bunten Kontrapunkt setzen. Auf dem Berliner Platz sind unter anderem die evangelische Jugend, die Arbeiterwohlfahrt und „Eltern gegen Rechts“ mit Ständen vertreten. Mehrere Bands treten auf. Man wolle ein Zeichen setzen, „dass diese Demokratie stark ist“, sagt die evangelische Pröpstin für Oberhessen, Anke Spory, in ihrer Rede. Die Kirche stehe ein für eine Kultur, in der jeder Mensch zählt, sie stehe für Dialog statt Einschüchterung, für Hoffnung statt Angst. Die Gießener Politikwissenschaftlerin Dorothee de Nève ruft dazu auf, die Demokratie zu verteidigen und „apathische Gleichgültigkeit“ zu überwinden.

Drei Kirchen in der Innenstadt sind am Samstag als Rückzugsort geöffnet. In der Jungen Kirche gibt es Tee und Kaffee, Kuchen und Waffeln. „Es sind viele hier, die mal einen kurzen Moment für sich haben müssen“, sagt der Stadtjugendpfarrer Alexander Klein. Sie benötigten eine Atempause und müssten „die Bilder verarbeiten“. Es herrsche eine gute, friedliche Stimmung in der Kirche. „Die Leute kommen miteinander ins Gespräch.“

In Gießen sind am Samstag noch weit mehr Menschen gegen die Gründung einer neuen AfD-Jugendorganisation auf den Beinen. 25.000 bis 30.000 Demonstranten haben am Mittag nach Polizeiangaben protestiert. Unter anderem der DGB hatte dazu aufgerufen. Die meisten äußerten ihren Protest friedlich. Gegner des Bündnisses „widersetzen“ blockierten jedoch morgens mehrere Straßen, um die Anfahrt zu den Hessenhallen zu stören.

Die Polizei räumte am Vormittag die Blockaden, unter anderem mit dem Einsatz von Schlagstöcken, Pfefferspray und Wasserwerfern. Die Beamten wurden nach Polizeiangaben mit Steinen und Flaschen beworfen, zehn seien verletzt worden. Über die Zahl verletzter Demonstranten machte die Polizei zunächst keine Angaben. Die AfD-Tagung konnte erst zur Mittagszeit beginnen.