Fanny Ardant – die Meisterin komplizierter Gefühle

Ihr Blick ist berühmt, stark, eindringlich, tiefgründig. Die französische Schauspielerin Fanny Ardant prägte Filme wie „8 Frauen“, „Die schönen Tage“ oder „Auf Liebe und Tod“. Kino sei für sie etwas wie Spaghetti, sagte sie 2020 der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ – etwas, das sie seit ihrer Kindheit liebe und immer lieben werde. Dieser Liebe zum Kino widmet sie sich seit Jahrzehnten intensiv und begeistert, vor der Kamera und auf der Bühne. Sie hat auch als Regisseurin gearbeitet, 2009 mit „Asche und Blut“ eine Familientragödie unter rumänischen Immigranten vorgelegt. Am 22. März wird sie 75 Jahre alt.

Fanny Marguerite Judith Ardant kommt 1949 in Saumur an der Loire zur Welt und wächst mit vier Brüdern unter anderem in Monaco auf, wo ihr Vater für die Fürstenfamilie Grimaldi als Militärattaché tätig ist. In Aix-en-Provence studiert sie Politik, behält aber ihren Wunschtraum Schauspielerei im Hinterkopf: „Der Uni-Abschluss war für mich wie ein Passierschein in die Freiheit.“

Die Freiheit heißt Schauspielunterricht, und bald steht sie auf der Bühne, in Stücken von Pierre Corneille und Jean Racine. Im Kinofilm „Die Hunde“ (1979), einem Drama um tödlich bissige Köter, agiert sie an der Seite von Gérard Depardieu. Er wird einer von Ardants häufigsten Filmpartnern, etwa in François Truffauts „Die Frau nebenan“ (1981) – dem Film, der die Schauspielerin international bekannt macht.

Diese tiefgründige, tragisch endende Liebesgeschichte erzählt von zwei schwierigen Typen, Mann und Frau, die nicht miteinander, aber auch nicht ohne einander leben können. „Ich mag Frauen, die aus Liebe handeln, die Schwächen zeigen, die alle Gefühle in sich tragen, stark und schwach und ehrlich“, so beschreibt die Meisterin der komplizierten Gefühle den Frauentyp, den sie gern verkörpert.

Truffaut und Ardant sind ein Paar geworden, bleiben fünf Jahre zusammen, die gemeinsame Tochter Josephine kommt 1983 auf die Welt. In Truffauts hintergründiger Krimi-Komödie „Auf Liebe und Tod“ (1983), als Hommage an den Film Noir in Schwarzweiß gedreht, steht Fanny Ardant dann mit Jean-Louis Trintignant vor der Kamera.

„Auf Liebe und Tod“ ist Truffauts letzter Film. Er stirbt 1984 an einem Gehirntumor. Sein Tod hat Ardant sehr mitgenommen: „Wenn man etwas Unersetzliches wie einen über alles geliebten Menschen verliert, ist das grausam und anfangs kaum auszuhalten“, sagte sie der Zeitschrift „Brigitte Woman“.

Sie sucht sich ihre Rollen gründlich aus: „Ich könnte nie einen Charakter geben, den ich nicht mag.“ Ardant arbeitet mit Regisseuren wie Volker Schlöndorff bei „Eine Liebe für Swann“ (1984), und Michelangelo Antonioni in „Jenseits der Wolken“ (1995). Für Margarethe von Trotta steht sie 1988 vor der Kamera, in „Fürchten und Lieben“: Hier wird Anton Tschechows Theaterstück „Drei Schwestern“ in das Italien der 1980er Jahre verlegt, Ardant spielt die unglücklich verliebte große Schwester.

In François Ozons Komödie „8 Frauen“ (2002) ist sie herrlich zickig neben Kolleginnen wie Catherine Deneuve, Isabelle Huppert und Danielle Darrieux. Das Darstellerinnenensemble wurde bei der Berlinale mit einem Silbernen Bären ausgezeichnet. In „Im Herzen jung“, der im vergangenen Jahr in die deutschen Kinos kam, geht es um eine Liebe zu einem wesentlich Jüngeren. Und in der klamaukigen Satire „The Palace“ (2023) des skandalbelasteten Regisseurs Roman Polanski ist sie als vornehme Diva aus Frankreich zu sehen.

Ardant sieht sich als Einzelgängerin, eine Heirat kam für sie nie infrage: „Im Prinzip habe ich nichts gegen die Ehe. Ich passte bloß nicht in die althergebrachten Schubladen. Ich wollte mich im Leben nie vereinnahmen lassen – weder von einer politischen Partei noch von beruflichen oder sozialen Verpflichtungen. Ich wollte frei sein.“ Und das hat sie geschafft. Ihre Töchter Lumir, Josephine und Baladine, jede hat einen anderen Vater, hat sie allein großgezogen.

Die Schauspielerin lebt in Paris und geht nach eigenem Bekunden sehr gern ins Kino – „vor allem tagsüber, wenn alle vernünftigen Menschen arbeiten. Das ist immer so, als gönne man sich ein verbotenes Vergnügen“, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Das Geheimnis ihres Erfolgs liege für sie auch in ihrer stabilen Kindheit, wie sie einmal beschrieb: Ihre Eltern Jean und Jacqueline seien sehr liebevoll und behütend gewesen. Diese Kindheit habe ihr Wurzeln gegeben und große Stärke.

Mit dem Alter scheint Ardant, eine der Grandes Dames des französischen Kinos, nicht zu hadern: „Wir müssen das Alter akzeptieren“, erklärte sie schon vor zehn Jahren in einem Interview. „Ich sage nicht, dass das leicht ist. Aber es ist wie eine Meereswelle, die auf dich zurollt – wirf dich hinein, lauf nicht ängstlich davon.“