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Faeser warnt vor Vergiftung der politischen Debatte

Beschimpfungen, Drohungen, Blockaden – in immer mehr Fällen überschreitet der Protest gegen politische Gegner alle Grenzen von Anstand und Moral. Aber ob Appelle alleine dagegen helfen?

Innenministerin Nancy Faeser (SPD)
Innenministerin Nancy Faeser (SPD)Imago / Chris Emil Janßen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnt nach den jüngsten Angriffen auf Veranstaltungen der Grünen vor einer Vergiftung der politischen Debatte: “Wenn eine politische Veranstaltung durch Gepöbel und Gewalt verhindert wird, wenn Polizisten angegriffen und Steine geworfen werden, dann sind Grenzen massiv überschritten”, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: “Diese Aggression hat auch mit scharf geführtem demokratischem Streit nichts mehr zu tun.”

Das gelte genauso, wenn Demokraten als “Volksverräter” diffamiert würden, ein aufgepeitschter Mob Politiker an deren Wohnort aufsuche oder wenn man Regierende symbolisch an Galgen aufhänge, fügte Faeser hinzu: “Hier ist viel ins Rutschen geraten.” Politische Aggression komme nicht aus dem Nichts, sondern fange mit der Sprache an. Demokraten müssten bei allem notwendigen Streit respektvoll miteinander umgehen, mahnte die SPD-Politikerin.

Söder-Äußerung: Gift für die politische Kultur

Mit Blick auf den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), der Bundesumweltministerin Steffi Lemke als “grüne Margot Honecker” bezeichnet hatte, sagte sie, dieser Vergleich sei “Gift für eine politische Kultur des Respekts, die wir dringend brauchen”.

Markus Söder bei seiner Rede am politischen Aschermittwoch
Markus Söder bei seiner Rede am politischen AschermittwochImago / Sven Simon

Am Aschermittwoch war eine geplante Veranstaltung der Grünen im baden-württembergischen Biberach wegen massiver Proteste aus Sicherheitsgründen abgesagt worden. Unter anderem waren Straßen blockiert, ein Misthaufen vor die Stadthalle gekippt und die Scheiben eines Autos eingeschlagen worden. Nach einer Veranstaltung in Schorndorf wurde Grünen-Chefin Ricarda Lang massiv angefeindet und zunächst an der Abreise gehindert. Im Januar war Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) durch eine Blockadeaktion am Verlassen einer Fähre gehindert worden.

Auch der Konflikt- und Gewaltforscher Andreas Zick warnte vor einem zunehmenden Hass in der Gesellschaft. Feindbild Nummer eins seien dabei Politikerinnen und Politiker der Grünen, sagte der Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: Sie seien derzeit das wichtigste Hassobjekt in vielen rechtspopulistischen und rechtsradikalen Gruppen, aber auch in der Mitte.

Schon einzelne Reizwörter können Gewalt entfachen

Er sehe die Gefahr, dass Rechtsradikale und gewaltbereite Gruppen und Menschen diese Stimmung bei ihren Protesten und Aktionen ausnutzen und weiter schüren könnten, fügte Zick hinzu. Reizwörter wie “Wärmepumpe” oder “feministische Außenpolitik” reichten oft schon aus, um Hassangriffe zu entzünden. Allerdings seien diese Feindbilder schon vor der Beteiligung der Grünen an der Ampelkoalition da gewesen: “Jetzt haben gesellschaftliche Polarisierungsprozesse die Gewalt erleichtert.”

Bedenklich finde er, so der Wissenschaftler weiter, dass bei einer repräsentativen Umfrage kürzlich 13 Prozent der Befragten die Meinung vertreten hätten, einige Politiker hätten es verdient, “dass die Wut gegen sie schon mal in Gewalt umschlägt”; weitere 16 Prozent seien der Ansicht gewesen, das stimme “teils-teils”.