Fachleute: Psychisch Erkrankte warten zu lange auf Hilfe

Psychische Erkrankungen haben ein neues Höchstniveau erreicht. Manche Betroffenen warten Monate auf Behandlung. Viel Diskussionsstoff für einen Kongress, der jetzt gestartet ist.

Psychisch erkrankte Menschen müssen nach Einschätzung von Fachleuten weiterhin zu lange auf Behandlung warten. Schon vor der Corona-Zeit sei die Versorgungslage “nicht in Ordnung” gewesen, durch die Pandemie habe sie sich deutlich verschärft, sagte die Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer, Andrea Benecke, am Mittwoch in Berlin. Sie äußerte sich beim Deutschen Psychotherapie-Kongress, bei dem bis Samstag über 1.500 Fachleute, Politiker und Studierende diskutieren.

Die Zahl der Anfragen sei während der Pandemie um 48 Prozent gestiegen, so Benecke. Inzwischen liege die Wartezeit bei durchschnittlich 25 Wochen. Besonders dringend sei der Bedarf in ländlichen Regionen. Wenn diese Regionen vergessen würden, berge dies auch politischen Sprengstoff, warnte die Expertin. Zudem müsse der Übergang von Klinikaufenthalten in ambulante Versorgung verbessert werden.

Nach Angaben der Deutschen Psychotherapeuten-Vereinigung gab es im Jahr 2020 wöchentlich pro Praxis 4,9 Anfragen nach psychologischer Hilfe; im Jahr 2022 waren es bereits 6,9. Laut Hochrechnungen könnte der Bedarf bis 2035 um weitere 20 Prozent steigen.

Die Psychologin Eva-Maria Brakemeier mahnte, es gelte, die psychische Gesundheit aller im Blick zu behalten – etwa auch von Migranten und anderen verletzlichen Gruppen. Global gesehen sei Deutschland auch in Sachen Klimaschutz gefragt, da es ohne eine gesunde Umwelt keine gesunden Menschen gebe, so die Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.