Extremismusforscher: Bereitschaft zu Hass und Gewalt ist gestiegen

Der Extremismusforscher Andreas Zick hat sich besorgt über eine zunehmende Fremdenfeindlichkeit geäußert. Die Angst vor Anschlägen sei mit dem Aufschwung des Rechtspopulismus und einem zunehmend gewalttätigen Rechtsextremismus größer geworden, sagte Zick in Bielefeld dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Die Bereitschaft, Hass und Feindseligkeit zu zeigen, ist gestiegen“, stellte der Extremismus-Experte fest. Ebenfalls angestiegen sei der Anteil antisemitischer Taten.

Dass Vertreter von migrantischen Organisationen bei dem Brandanschlag am Montag in Solingen einen rassistischen Hintergrund vermuteten, sei daher nachvollziehbar, sagte Zick. Bei vielen rechtsextremen Anschlägen habe es viel zu lange gedauert, bis sie als solche anerkannt worden seien. Bei einem offenbar vorsätzlich gelegten Brand in einem Mehrfamilienhaus in Solingen war in der Nacht zum Montag eine vierköpfige Familie gestorben, die aus Bulgarien stammt.

Der Nährboden für Menschenfeindlichkeit und Rassismus sei größer und stabiler geworden, erklärte Zick. Das zeigten die Hellfeldzahlen der Behörden sowie Studien. „Die Polarisierung der Gesellschaft, die von rechtsaußen in die Mitte getragen wurde, hat zu einer Erleichterung von Gewalt und Hasstaten geführt“, erläuterte der Leiter des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld.

In der Mitte-Studie seines Instituts im vergangenen Jahr hätten 31 Prozent einer repräsentativ befragten Stichprobe negative Urteile über migrantische Gruppen geteilt, die mit dem Aussehen oder der Herkunft verbunden seien, erklärte der Wissenschaftler. Unter AfD-Sympathisanten seien es sogar 70 Prozent gewesen. Zugleich sei in Mitte der Gesellschaft der Anteil derjenigen, die ein rechtsextremes Weltbild vertreten, von ungefähr zwei Prozent auf über acht Prozent gestiegen. Stark abgenommen habe die Distanz zur Gewalt.

Der Forscher kritisierte Äußerungen von Politikern, die „stereotype und vorurteilsvolle Bilder bedienen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und Wähler an sich zu binden“. Migration und Flucht seien in der politischen Debatte „zu simplen Triggerthemen geworden, die reflexhaft Hass gegen Menschen mit Migrationsgeschichte auslösen“. Eine rhetorische Strategie sei, eine Straftat oder ein Fehlverhalten hervorzuheben, um Empörung zu aktivieren. Dann werde „das Angebot auf Sicherheit und Kontrolle gemacht, wenn sich die Wähler der richtigen Meinung anschließen.“

„Das Problem ist, dass am Ende Vorurteile gegen andere, die gar nichts damit zu tun haben, übrig bleiben“, erklärte der Wissenschaftler. Das könne auch bei der Brandstiftung in Solingen zutreffen. Die Geschichten über eine positive Veränderung und mehr Wohlstand des Landes durch Migration würden hingegen nicht durchdringen.